Unsere rasenden Reporter haben Euch schon von vielen Rennen berichtet. Da wären unter anderem die Bike Transalp Challenge, der Rothaus Bike Giro, aber auch so Hammer wie die legendäre Salzkammergut-Trophy oder diverse 24h Rennen.
Da machte uns die Ankündigung von Red Bull im Sommer natürlich neugierig, als es hieß, im Steinbruch Oetelshofen in Wuppertal würde im Oktober 2021 das härteste Mountainbike-Rennen der Welt stattfinden.
Ob Red Bull mit dieser Einschätzung Recht behalten sollte, was dort in Wuppertal auf die Beine gestellt wurde und ob sich der Start beim Rennen gelohnt hat, erfahrt hier in diesem Artikel von Alexander.
Vor dem Red Bull Radical
Schon als ich das erste Mal vom Red Bull Radical hörte, war ich begeistert. Ein MTB-Rennen direkt in meiner Nachbarschaft, in einem aktiven Steinbruch und dann noch professionell von Red Bull aufgezogen. Da musste ich mich anmelden. Da konnte mich auch die Ankündigung nicht abschrecken, dass Red Bull insgesamt 16 mehr oder weniger künstliche Hindernisse im Stil eines Obstacle Run in die Strecke eingebaut und die Streckenlänge mit 25 km bei 600Hm eher kurz sein sollte.
Nach der Online-Anmeldung im Sommer hörte ich als Teilnehmer erstmal nichts mehr. Keine Startnummer, keine weiteren Informationen zum Rennen, nichts. Erst eine Woche vor dem Rennen erhielten die Teilnehmer alle weiteren Informationen, die dann aber sehr detailliert und gut verständlich waren. Das hätte mich ggf. als Teilnehmer von weiter weg gestört, denn die Reiseplanung nimmt nicht selten einen wichtigen Teil in der Rennvorbereitung ein.
Pre Race Day beim Red Bull Radical
Am Freitag vor dem Rennen (das Red Bull Radical Event fand samstags statt) konnte man sich bereits seine Startunterlagen abholen. Das wurde sehr charmant gelöst, denn die Abholung war an einem verkehrstechnisch sehr gut angebundenen Hotel mit großem Parkplatz. Nach der obligatorischen Prüfung der 3G-Regel und Anmeldung über die Luca-App (Alternativen waren nicht möglich) war die Abholung dann eine Sache von wenigen Minuten.
Hämmernde Beats, jede Menge Merchandise und kostenlose Energydrinks rundeten die an sich unspektakuläre Abholung der Unterlagen ab. Das Starterset erhielten wir in einer wiederverwendbaren Tragetasche mit Reißverschluss und es war insgesamt überraschend umfangreich.
Am Renntag, vor dem Start
Am Renntag des Red Bull Radical Wuppertal trafen sich gut 3 Stunden vor Rennstart dann bei mir zu Hause meiner einer, Julian (ein guter Freund und seit 1,5 Jahren auch begeisterter Mountainbiker) sowie der uns allen aus dem Bike-Magazin bekannte Henri Lesewitz, der extra acht Stunden aus München angereist war, um sich auch das Red Bull Radical zu geben.
Ein kurzer Austausch mit Henri über das Pro und Contra von Flaschenhaltern bei diesem Race ließ mich dann in letzter Minute meine Planung umschwenken von Trinkflaschen auf Trinkblase. Denn so konnte ich die Flaschenhalter abmontieren und das Bike in Tragepassagen Crosser-like schultern. Eine absolut sinnvolle Entscheidung, wie ich später im Rennen mehrfach merken sollte.
Die Beschilderung für Anfahrt und Parkplätze war vorbildlich und so hatten auch ortsfremde Fahrer null Probleme, die Strecke vom maximal ca. 5 km entfernten Parkplatz über ruhige Nebenstraßen und Feldwege zu erreichen.
Am Veranstaltungsgelände hieß es dann wieder Anmelden an der Luca App und dann weiter durch das Betriebsgelände Richtung Eventfläche.
Dort gab es neben Essen und Trinken auch die Möglichkeit zum Umziehen und die Möglichkeit, an einer überwachten Garderobe einen Rucksack, eine Tasche oder Ähnliches abzugeben.
Ab jetzt wurde uns auch mächtig vom Streckensprecher und fetzigen Beats eingeheizt. Da war Bock auf Ballern und gute Laune schon fast automatisch vorprogrammiert.
Einen ersten echten Eindruck des dystopischen, gigantischen Ausmaß des Steinbruchs erhielten wir dann ca. 60min vor dem offiziellen Start, als die knapp 400 Teilnehmer sich sammeln mussten, um gemeinsam in die Talsohle des Steinbruchs geleitet zu werden. Denn der Start erfolgte an der tiefsten Stelle des Steinbruchs, ca. 70 Meter unter dem Niveau des umliegenden Geländes.
Aus Sicherheitsgründen mussten wir als Gruppe geschlossen in den Steinbruch geleitet werden. Da das sehr gemütlich vonstatten ging, hatten wir genug Zeit für Smalltalk mit den anderen Teilnehmern und auch der ein oder andere Schnappschuss war noch möglich.
Das Rennen – Red Bull Radical
Nun ging es endlich los. Pünktlich ab 13:00 starteten wir, aufgeteilt in vier Blöcke (um Staus vor den Hindernissen zu vermeiden) im Abstand von fünf Minuten in das Rennen.
Der Start war Crosscountry typisch schnell und unser Block sortierte sich schon unten in der Sohle des Steinbruchs. Hier waren Abschnitte teilweise mit faustgroßen Steinbrocken, sodass man zwar noch gut rollen konnte, trotzdem aber ordentlich durchgeschüttelt wurde.
Die Hindernisse beim Red Bull Radical
Im „Groundwater Ford“ sollte es das erste Mal anspruchsvoll werden, da man als Teilnehmer Wasserdurchfahrten zu bewältigen hatte. Diese waren jedoch soweit unspektakulär und ließen sich gut umfahren. Dabei handelte es sich auch nicht um ein künstliches Hindernis, sondern eher um natürliche, mit Grundwasser gefüllte Vertiefungen, durch den normalen Betrieb des Steinbruchs.
Am „Rope Climb“ ging es dann erstmals vom Rad. Es galt, eine etwa 10 m hohe Schotterrampe zu überwinden. Durch den aufgeschütteten, extrem losen Schotter und die Neigung des Hangs war Fahren unmöglich. Es gab jedoch insgesamt drei Seile, an denen man sich als Teilnehmer festhalten konnte. Durch das lose Geröll hieß es dann drei Schritte vor, einen zurück. Dass ich mein Rad gut schultern konnte, sollte hier nicht das letzte Mal hilfreich sein und so erreichte ich nach 2-3 Minuten mit hämmerndem Puls das Ende dieser fiesen Rampe.
PS: Wem das zu viel gewesen wäre, konnte hier, wie auch an jedem anderen Hindernis, eine Chickenline nehmen, die man jedoch gehend (rennen oder fahren sind nicht erlaubt gewesen) absolvieren musste, um sich keinen Vorteil zu verschaffen.
Nur wenig später kamen wir auch schon zum „Wet Tunnel“, einer etwa 20-25 cm tiefen Wasserdurchfahrt unter einer großen Abfüllanlage. Spätestens hier war man dann klatschnass. Ich hatte das „Glück“, versetzt hinter einem Mitstreiter zu fahren, sodass ich auch noch eine ordentliche Packung ins Gesicht bekommen habe :-P
Die nächste Sektion war aufmerksamen Red Bull Followern schon aus der Vorberichterstattung bekannt. Die „Muddy Bridges“ haben mir vorab Sorgen bereitet, denn auf handbreiten Planken, dicht über einer Schlammpfütze balancieren, das kann auch als routinierter Biker schiefgehen. Die Erleichterung kam aber zum Glück beim ersten Anblick der Brücken, denn diese waren ca. 50 cm breit und stellten wirklich kein Problem beim Überfahren dar. So sah ich auch lediglich eine einzige Reifenspur im Schlamm neben den Brücken.
Der „Hyper Pumptrack“, seines Zeichens Station Nr. 7, bestand aus mehreren ca. 2-3 m hohen Hügeln, die sich mit Schwung gut überrollen ließen. Mehr gibt’s da auch nicht zuzusagen.
Dafür kam es im Anschluss mit den „Wooden Berms“ deutlich anspruchsvoller daher. Dabei handelt es sich um eine Anordnung von hölzernen Steilkurven, wie sie Euch aus Bikeparks bekannt sind. Hier musste man mit ziemlich viel Schwung durchfahren, da man ansonsten von der Steilkurve abgerutscht und ziemlich unsanft gestürzt wäre. Meine mangelnde Erfahrung mit dieser Art Steilkurven war dann auch der Grund, dass ich in Schrittgeschwindigkeit am unteren Rand der Hindernisse hergekrochen bin, um einen potenziellen Sturz zu umgehen und eine Disqualifizierung (wegen zu schnellem Umfahren) zu verhindern.
In der „Uphill Pushing Section“ mussten wir unser Rad nur Schultern/Schieben, um es ca. 20 m einem Grasbewachsenen Hügel hochzuschieben. Gegebenenfalls hätte man den Berg auch erfahren können, dies war aber verboten und wurde durch einen Marshall auch überwacht.
Die „Tricky Tree Trunks“ wahren mehrere ca. 25 cm im Durchmesser befindliche Baumstämme, die dicht an dicht auf einer Länge von ca. 10 m eine Rüttelpiste darstellten. Laufen oder fahren – Beides war möglich. Ich habe mich fürs Tragen entschieden, was sich im Vergleich mit meinen direkten Mitstreitern als gleich schnell herausstellte.
Ein Highlight und Klischee für jedes Obstacle-Race war dann Station 11 mit den „Truck Tire Pyramids“ eine ca. 2 m hohe 2-stufige Pyramide aus Kipperreifen. Selbst für mich mit 1,84 m Größe war es nur so eben noch möglich, mit einem großen Schritt und Festhalten die nächste Stufe zu erreichen. Dabei konnte ich am besten wieder das Rad schultern (ein Glück, dass ich ein freies Rahmendreieck hatte). Beim Absteigen auf der gegenüberliegenden Seite konnte ich das Rad als Stütze nehmen. Es war jedoch interessant anzusehen, wie schwierig es etwas kleineren Mitstreitern fiel und welch kreative Ideen sich die Teilnehmer einfallen ließen.
Am meisten Freude (sorry an den leidenden Teilnehmer) bereitete mir jedoch ein Fahrer, der auf der 1. Stufe vor seinem Rad kniend ausharrte. Der Arme hatte einen Krampf und konnte sich mindestens eine Minute nicht bewegen, was von außen jedoch wie eine Andacht und Vergötterung des eigenen Bikes wirkte ;-)
Der anschließende „Downhill Push“ war eine Tragepassage über Wiese bergab, die jeder von Euch vermutlich auch gefahren wäre. Ich finde: ein unnötiges Hindernis.
Der jetzt folgende Abschnitt „Rooty Trails“ ist der erste Abschnitt des Rennens, der nicht auf dem Steinbruchgelände lag, sondern Teil eines Waldstücks direkt an dem Steinbruch ist. Hier haben die Streckenplaner von Red Bull eine hübsche Singletrail-Sektion zusammengestellt, die in einem krassen Kontrast zu der Steinwüste des Tagebaus stand.
Der Trail hatte Anstiege, quer liegende, kleinere Stämme und feuchte Wurzeln und machte tierisch Fun!
Jetzt ging es wieder auf das Steinbruchgelände und in den letzten richtigen Anstieg des Rennens über den „Rock Garden“, eine steinige, sehr steile, aber fahrbare Rampe auf einen Abraumhügel. An dessen Gipfel wartete dann eine Sonderzeitnahme auf den „Abus Nortshores“. Hier gab es für den schnellsten Bezwinger dieses Hindernisses einen Extrapreis zu gewinnen. Zum Glück war auch hier die Strecke so angelegt, dass man ohne großes Risiko durch die Sektion rollen konnte.
Nun ging es über eine weitere kleine Schleife durch das Werksgelände in das Ziel, das wir schon nach überraschend kurzen 15km und 400Hm erreichten.
Mein Fazit zum Red Bull Radical
Red Bull hat hier mit dem Red Bull Radical Wuppertal ein tolles Event auf die Beine gestellt, das für mich aber ganz maßgeblich von der Location lebt. Der Steinbruch erzeugt alleine durch seine raue Umgebung eine Wirkung, die das Rennen zu etwas Besonderem macht und mich bei einer erneuten Austragung als Teilnehmer sicher wiedersehen wird.
Ob es sich wirklich um das härteste Mountainbike Rennen der Welt handelt? Sicher nicht! Zumal die real gefahrene Strecke am Ende ja nochmal 10 km kürzer war als angekündigt – und auch die künstlichen Hindernisse waren nichts, was einen Mountainbiker vor unüberwindbare Hindernisse stellt, oder eine echte Gefahr für Mensch und Maschine darstellen würde. Vielleicht hat Red Bull ja Lust, beim nächsten Mal eine Version mit 2 oder 3 Runden anzubieten?
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