Mega! Mein neues Lieblingswort. Gilt für alles beim P-Weg Marathon in Plettenberg. Organisation, Menschen, Strecke, Teilnehmer. Mein letztes Rennen in der Senioren 2 Wertung und eins der Highlights jeder Saison.
Das Wochenende beginnt am Samstagnachmittag mit der Anreise und einem kurzen Streckencheck, der Besuch der abendlichen Pasta-Party mit Siegerehrung der Laufdisziplinen. Der Sonntag startet mit straffem Morgen, geht weiter mit einem Rennen mit Höhen und Tiefen und endet versöhnlich im Ziel!
Streckencheck
Da ich am Samstagnachmittag in Plettenberg angekommen bin, hatte ich noch Zeit mich ein bisschen aufs Rad zu setzen und den ersten Anstieg und die letzten Kilometer zu begutachten. Nicht dass ich die Abschnitte schon aus den letzten zwei Jahren kannte, aber sich noch einmal die Feinheiten in Erinnerung zu rufen, kann nicht schaden. Das führte auch dazu, dass ich verwundert feststellen musste, dass der erste Asphaltanstiegs in einem kurzen Steilstück endet. Hatte ich wohl verdrängt.
Die letzten paar Kilometer waren mir allerdings mehr als bewusst, da ich hier letztes Jahr bei Hitze mit viel zu warmen Klamotten richtig gelitten hatte. Trotzdem fuhr ich sie noch einmal ab, allerdings in Schneckentempo. Das sollte sich für das Rennen als sehr positiv herausstellen. Am Einstieg zum finalen Trail traf ich auf eine Streckenpostin, die die Laufveranstaltungen betreut hatte. Sie bat mich nicht den Trail zu fahren, da ihre Kollegin gerade selbigen zum Abschluß kontrollierte. Dem kam ich gerne nach und suchte mir einen anderen Weg zurück. Allerdings kam ich ungewollt doch irgendwann auf den Trail und fuhr zum Ende hin auch an der Kollegin vorbei.
Tolle Menschen
Schon bei meinem Streckencheck traf ich auf tolle Plettenberger Menschen! Überall waren Helfer mit Vorbereitungen und Nachbereitungen beschäftigt und jeder grüßte freundlich und hatte gute Laune. Die Strecke war teilweise auch schon geschmückt, an einer Stelle im ersten Anstieg hingen an einer Leine die Finisher-Shirts der letzten Jahre über der Straße. Auch mit der oben erwähnten Streckenpostin habe ich kurz geplaudert.
Das Beste waren aber ein paar ältere Herrschaften, die am Ende des finalen Trails wohnten und dort auch die Streckensicherung übernahmen. Als ich dort vom Trail ausgespuckt wurde, wurde ich jubelnd begrüßt! Natürlich hielt ich an und bekam direkt Getränke angeboten und ob ich mich nicht setzen wolle! Mega! Im Gespräch erfuhr ich, dass sie vom ersten Jahr an dort Streckenposten machen und sich jedes Jahr wieder darauf freuen! Mega!
Pasta, Zumba und Kaffee
Nachdem ich kurz unter die Dusche gesprungen war, ging ich noch zur Bühne im Zielbereich. Dort wurden die Besten der Laufdisziplinen geehrt, unter anderem die Mädels, die den Ultramarathon über 75km gelaufen waren. Den Zieleinlauf der Zweitplatzierten hatte ich nachmittags noch erlebt, sie kam nach 10 Stunden ins Ziel! Mega, das durchzuziehen!
Nach dem ich mir einen Teller Pasta geholt hatte schaute ich dem Treiben auf der Bühne zu. Die Ehrungen wurden immer wieder mit dem Auftritt einer Zumba-Truppe aufgelockert, hier wurde echt etwas geboten. Nach der Pasta gönnte ich mir selbstverständlich noch einen Kaffee und machte mich dann auf ins Hotel, um die Nachtruhe anzutreten.
Straffes Morgenprogramm
Startnummer abholen ab 7:30, Früstück ab 7:45, Start um 9.00! Klingt straff, war es aber nicht. Zumindest fühlte es sich nicht so an. Und ich wollte mein morgentliches Marmeladenbrötchen. Da ich eh immer früh wach bin, stand ich um 6:30 Uhr auf und schlüpfte in meine Radklamotten. Nach dem ich meinen restlichen Kram verpackt hatte und im Auto die Rennverpflegung bereit gelegt hatte, fuhr ich zur Startnummernausgabe. Alter war das kalt! Mega! 5 Grad waren es.
Startnummer abgeholt und befestigt, war ich pünktlich zum Frühstück fertig. Ausser drei weiteren Bikern war keiner da. Und ich hatte genug Zeit in Ruhe zu frühstücken. Natürlich kamen wir ins Gespräch über die Streckenwahl. Als ich kund tat, dass ich 75km statt 95km fuhr, da ich leicht untrainiert sei, erwiderte einer der Biker: „n BMI von 19 und ne Statur wie Miguel Indurain, also klar untrainiert!“ (ich hab gar kein BMI von 19 sondern 20,5!) Für das Kompliment gönnte ich mir ein zusätzliches Marmeladenbrötchen!
Nach dem Frühstück packte ich meine Trikottaschen. Um dem Risiko des Verhungerns entgegen zu wirken, wanderten 2 Corny Riegel, 2 Tütchen Powergums und 2 Gels in die Tasche. Mega! Noch n Pannenset und das Handy rein, fertig! Und dann blieb mir noch genug Zeit um ein bisschen rum zu rollen und die Beine zu lockern, bevor es zum Start ging.
Klamottenwahl und Espenlaub
Bei meinen drei teilnahmen am P-Weg Marathon hatte ich immer gutes Wetter. Da der Termin aber im September liegt, ist es eine Herausforderung, die richtigen Kleidungswahl zu treffen. Morgens kann es richtig kalt sein, sobald die Sonne aber die Luft erwärmt hat, wird es richtig warm. Letztes Jahr war ich mit dem „Übergangstrikot“ gestartet, das war viel zu warm, wie sich herausstellte. Ich hatte daraus gelernt und die Wahl fiel dieses Jahr auf normales Trikot mit Armlingen und Windweste für den Start.
Und es war mit 6 Grad richtig schattig im Startblock! Das spiegelte sich auch bei meinen Mitstreitern wieder, der halbe Startblock zitterte wie Espenlaub! Gänsehaut an allen nicht bekleideten Beinen. Wohl dem, der einen Betreuer an seiner Seite hatte und sich deshalb eine kuschelige Jacke an hatte. Mir war zwar kühl, aber es war durchaus akzeptabel. Ich dachte einfach an den zeitnah folgenden ersten Anstieg und schon wurde mir ganz warm ums Herz!
Startschwierigkeiten – wie immer
Der Start in Plettenberg ist Mega! Die ganze Strecke vom Start bis hoch zur Ziege (ein großer, aufblasbarer Bogen in Form einer Ziege am Ende des ersten Anstiegs) ist von Menschen gesäumt, die anfeuern. Am Kreisverkehr gab es wie jedes Jahr ein Feuerwerk. Mega! Ein großer Vorteil dieses Jahr war, dass die Langstrecken vor der Kurzstrecke gestartet wurde. Dadurch war der ganze Start und die folgenden Anstiege sehr viel entspannter zu fahren. Also entspannter im Sinne von nicht so viel Hektik und Gedränge. Entspannt waren die ersten zwei Anstiege für mich nicht. Im Aspahltanstieg durch die Stadt hoch zur Ziege konnte ich noch kontrolliert meine Leistung fahren. Das spiegelt sich auch in einer PB auf Strava wieder.
Der zweite Anstieg, lang und steil, lag mir in den letzten zwei Jahren grundsätzlich recht gut. Nicht dieses Jahr! Gleich am Anfang machten sich meine Startschwierigkeiten bemerkbar. Mit der Atmung am Anschlag versuchte ich einen Rhytmus zu finden, das gelang mehr schlecht als recht. So wurden die 3 Kilometer eine Qual! Nicht Mega! Dass ich auf der ersten Hälfte des Anstiegs einen PR mit 13 Sekunden herausfahren konnte, lag mit Sicherheit an weniger Verkehr als in den letzten Jahren. Auf dem gesamten Segment wurde es dann auch wie erwartet „nur“ die zweitbeste Zeit, allerdings nur mit 3 Sekunden Rückstand. Da sich diese Zeiten nicht im Körpergefühl wiederfanden, muss das auf das neue Rennmaterial von Canyon zurück zuführen sein! Mega Rad!
Auf dem folgenden leichten Bergabstück über 8km kehrte die Energie in die Beine zurück, wie schon so oft. In einer kleinen Gruppe machten wir ordentlich Tempo. Mittlerweile hatte ich die Windweste ausgezogen, da die Temperaturen deutlich angezogen hatten. Bevor es in den ersten langen Downhill ging, sollten wir wie jedes Jahr in einem Waldanstieg von den Trommlern begrüßt und angefeuert werden! Mega!
Windschattenspiele an der Lenne
Wer den P-Weg schon gefahren ist kennt das ca 8 Kilometer lange Flachstück entlang der Lenne. Für die die noch nicht dort gestartet sind: man fährt die Lenne entlang auf einem asphaltierten Radweg, kurz unterbrochen durch eine Schleife durch das Gelände eines Altenheims, wo man von den betagten Herrschaften lautstark angefeuert wird, Mega! und über zwei kurze künstliche Metallbrücken. Vor 3 Jahren fuhr man hier noch durch das Freibad. Die Strecke wird noch durch ein paar Brückenunterführungen und Brückenüberfahrten unterbrochen.
Grundsätzlich sollte man sich eine Gruppe am Anfang des Teilstücks suchen, um einen belgischen Kreisel einzurichten und so Kräfte zu sparen. Der Schuß ging bei mir nach hinten los: ich hatte im Downhill einen kleinen Vorsprung heraus gefahren, weil mir meine Mitfahrer zu langsam waren. Jetzt verlangsamte ich kurz, um die Gruppe dann für Windschattenspiele zu nutzen. Ergebnis war allerdings, dass ich die nächsten 5 Kilometer im Wind fuhr! Keiner der Säcke hinter mir kam nach vorne! Tempo raus nehmen wollte ich aber auch nicht! Also hieß es treten!
Bei Kilometer 5 fuhr eine Gruppe rund um die führende Dame auf und überholte, endlich hatte ich ein Hinterrad gefunden! Mega! Bis zum nächsten Anstieg klappte dann das abwechselnde fahren im Wind. Ich muste zwar zwischendurch mal einen fragenden Blick nach hinten werfen, aber es kam direkt „ich komm jetzt nach vorne“! Mega!
Höhenmeter sammeln und Rückschlag einstecken
Der zweite lange Anstieg hoch zum Buschhagen lief dann wieder sehr gut. Ich konnte problemlos meinen Rhytmus fahren und alles fühlte sich toll an! Auch der folgende Downhill war eine Wonne, zum großen Teil wegen meiner neuen Canyon-Rennmaschine. Teilweise war mir nicht klar, dass ich auf nem Hardtail sitze. Nur auf den richtig felsigen Passagen musste ich Tempo raus nehmen, da ich befürchtete mir die Reifen kaputt zu fahren. Auch der folgende Anstieg und der Downhill hinunter zur Oestertalsperre ging locker flockig! Auf dem flachen Stück an der Oestertalsperre nahm ich etwas Druck raus, da es leicht bergab ging und ich gut rollen lassen konnte.
Der zweistufige Anstieg zum höhsten Punkt der Strecke wurde dann zur Charakterprüfung. Konnte ich die erste Steigung noch gut pedalieren, machten nach dem kurzen Flachstück plötzlich die Beine komplett zu. Wie schon so oft nach ca 2,5 Stunden. Aber aufgeben war keine Option. Da war ich dann froh über meine reichhaltige Verpflegung in der Trikottasche. Als erstes gönnte ich mir ein Corny Riegel um kurze Zeit später noch ein Energie-Gel nach zu reichen. Auf dem Flachstück Richtung Windhausen erholten sich die Beine ein wenig und an der Verpflegung in Windhausen war ich froh über ein Becher Cola.
In dieser Tiefphase bauten mich zwei Dinge auf: erstens das Finisher-Shirt in coolem Coffee & Chainrings Blau, das ich mir verdienen wollte! Zweitens ein Satz aus dem neuen Podium-Magazin von u.a. dem Fotografen Marcel Hilger: „Kopfsache, wenn Muskelkraft nicht reicht, um Dich ins Ziel zu bringen“. Und das erste Mal funktionierte die mentale Motivation zusammen mit der Nahrungszufuhr um diesen Einbruch zu überstehen.
Weiter, immer weiter
Fiel es mir im Anstieg nach der Verpflegung noch schwer Kraft aufs Pedal zu bringen, besserte sich die Kraftentfaltung im folgenden Streckenabschnitt mit Sägezahnprofil immer mehr und bald war ich wieder auf altem Leistungsniveau. So konnte ich auch die Mega Aussichten über die Landschaft genießen, wirklich ein Genuss. Ein Genuss war auch die abwechslungsreiche Strecke, hoch und runter, weiter, immer weiter.
Kurz vor dem letzten langen Anstieg von Landemert hoch zum Bärenberg wurde mir klar, dass es heute wohl eng werden würde mit einer Zeit unter vier Stunden. Trotzdem aktivierte ich noch Mal alle Kräfte um auch den letzten Funken Hoffnung aufrecht zu erhalten, denn wie sagt man so schön: am Ende kackt die Ente! Ich freute mich auf den letzten Streckenabschnitt nach der Ziege, auf dem ich letztes Jahr so gelitten hatte.
Als der Ziegenbogen passiert war, bekam ich einen mächtigen Motivationsschub. Die letzte Passage bis zum finalen Trail besteht aus einem kurzen Steilstück, das in einen flachen Anstieg übergeht um dann in ein bergab Stück zu münden und letztendlich in einem leichten, langen Anstieg zu enden. Die Motivation sorgte dafür, dass ich die Segmentzeiten auf diesem Abschnitt um Minuten verbesserte. Der finale Downhill-Trail war natürlich wieder eine Wonne. Und dann war es, zack, auch schon vorbei! Ziel! Mega!
Resume
Mega! Als erstes Mal die Organisation und der Ablauf des Events. Das P-Weg-Team hat es wieder mal geschafft ein perfektes Rennen durchzuführen! Die Strecke war perfekt ausgeschildert, es gab immer mehrere Richtungshinweise. Gefahrenstellen waren frühzeitig angekündigt und abgesichert. Die Verpflegungsstellen waren großartig besetzt und ausgestattet! Selten habe ich so viel Leidenschaft und Voraussicht an Verpflegungsstellen erlebt, von der Freundlichkeit die an keiner Stelle fehlte gar nicht zu sprechen. Ein großes Dankeschön für die Bereitstellung von stillem Wasser, das findet man nicht so oft bei MTB-Rennen! Dass es im Zielbereich ein wenig Stau an der Bühne gab, ist vernachlässigbar, so hatten wir Fahrer ein wenig Zeit uns auszutauschen und gegenseitig zu beglückwünschen. Es bleibt zu hoffen, dass sich für das P-Weg-Marathon Wochenende 2020 ein neues Team findet, damit diese tolle Veranstaltung weiter geführt werden kann. Dem aktuellen Team und Helfern, egal ob Feuerwehr, rotes Kreuz oder Mitarbeiter des Betriebshofes, noch mal Mega Dank!
Mega auch die Plettenberger und Bewohner der Orte entlang der Strecke. Überall stand jemand und hat angefeuert! Feuerwerk gab es auch wieder am ersten Kreisverkehr! Mega! Selten erlebt man, dass ein Event so von der Bevölkerung mit getragen und begleitet wird. Ein Highlight war wie immer das Trommlercorps mitten im Wald. Mega!
Und wie war ich?
Mein persönliches Resume ist durch aus positiv. Ich habe zwar mit 4 Stunden 6 Minuten mein persönliches Ziel von 4 Stunden für 75km mit 1900hm verfehlt, aber mit Platz 12 in der Altersklasse und 42 gesamt bin ich sehr zufrieden. Ich glaube allerdings, dass die ganzen PRs und das gute Abschneiden zum großen Teil von meinem neuen Racebike Canyon Exceed abhängt und nicht meinen Trainingszustand widerspiegelt.
An meiner mentalen Stärke habe ich viel arbeiten können. Dazu zählt wohl am meisten, dass ich mir vorher klar gemacht habe warum ich ein Rennen fahre und diese Frage im Rennen nicht mehr zugelassen habe. Wichtig ist auch Schmerzen oder nicht funktionierende Beine zu zulassen, anzunehmen und sich damit anzufreunden. Jan Frodeno beschreibt das in seinem Buch ziemlich gut. Ich hatte zum Beispiel im zweiten Viertel des Rennens mit den üblichen Rückenschmerzen zu kämpfen. Diese habe ich begrüßt und mich nicht gegen gewehrt. Heute kann ich gar nicht mehr sagen wann sie aufgehört haben, nur dass sie irgendwann weg waren.
Ein weiterer Punkt ist, dass ich die Strecke viel bewusster gefahren bin und mir weniger Gedanken um meine Leistung gemacht habe. Ich habe die Trails intensiv betrachtet und versucht ihre Feinheiten wahr zu nehmen, jedenfalls so wie es bei der jeweiligen Geschwindigkeit möglich war. In den Anstiegen habe ich bewusst auf die Feinheiten am Rande der Strecke geachtet und mich an der Natur und der Umgebung erfreut.
Zwischendurch habe ich mir klar gemacht, welches Privileg es ist, auf so einem mega Rad in so mega Teamkleidung bei so einem mega Rennen fahren zu dürfen und zu können! Mit mentaler Stärke kann man sehr viel erreichen und erleichtern!
Klasse Bericht. P-WEG macht mir auch immer riesen Spaß.
Vielen Dank, Dennis!