Die Competition Phase ist in vollem Gange. So oder so ähnlich teilt es mir meine Trainingsapp Enduco, nach welcher ich seit einigen Wochen strukturiert trainiere, derzeit morgens immer mit. Ein weiterer Vorbereitungswettkampf auf dem Weg zur Transalp im Juli 2022 gemeinsam mit meinem Bruder Axel stand am 21.05.2022 auf dem Plan.
Nachdem wir bereits gemeinsam in Göttingen bei der Tour d’Energie an der Startlinie gestanden haben, wollten wir nun ins spezifischere Wettkampfgeschehen einsteigen und gemeinsam die mittlere Runde des Scott Bike Marathons in Willingen unter die Stollenreifen nehmen. Ziel sollte sein, die derzeitige Teamleistung abzuchecken und unseren Leistungsoutput zu synchronisieren. Einfach, um zu sehen, wie harmonisch wir zusammenpassen.
So standen wir nun gemeinsam mit weiteren Teammitgliedern von Coffee & Chainrings morgens um 07:00 Uhr im Startblock und haben bei 8 Grad Celsius gefroren und gezittert vor Kälte. Obendrein blies uns ein kräftiger Wind entgegen.
Über Nacht hatte es nach langer Trockenheit tüchtig geregnet und im nahegelegenen Paderborn hat ein wahrhaftiger Tornado eine Schneise der Verwüstung in der Stadt hinterlassen. Pünktlich um 07:32 Uhr wurden wir vom Streckensprecher auf die Strecke geschickt. Zunächst ging es wie gewohnt auf den hohen Eimberg und seine Trails, wo man früh schon erahnen konnte, was der nächtliche Regen aus der Strecke gemacht hat.
Der Boden war tief, aufgeweicht und teilweise äußerst schlammig. Gefühlt klebten die Reifen förmlich am Boden und wollten nicht so recht ins Rollen kommen. Schon nach kurzer Fahrzeit war das Bike ordentlich verschlammt und dadurch sicher einige Kilogramm schwerer. Bei Axel und mir lief es von Beginn an gut, wir wechselten uns fleißig in der Führungsposition ab, während sich der andere im Windschatten etwas schonen konnte.
Schnell konnten wir feststellen, dass ich in den steilen Anstiegen etwas schneller war und Axel aufgrund seiner besseren Fahrtechnik in den schnellen Schotterabfahren deutlich zügiger unten war als ich.
In Summe passte das mit uns so aber perfekt zusammen. Axel musste sich nicht in meinem Tempo die Berge hinauf mühen und mehr Energie aufwenden als nötig und ich konnte entspannt mein Tempo in den schnellen Abfahrten fahren, ohne erhöhtes Risiko einzugehen.So kamen wir dann nach der Hälfte der ersten Runde an die Verpflegungsstelle am Diemelsee, welche wir aber nicht in Anspruch nahmen.
Erfahrungsgemäß kommt danach ein zähes Stück, was ich Axel aber bewusst verschwiegen habe, um ihn nicht zu verunsichern.
In diesem Teil des Rennens ist man schon nicht mehr so ganz frisch und die Anstiege im Gegenwind bei dem schweren Boden spürt man bereits etwas in den Oberschenkeln.
Hier sind wir dann auf Tim aufgefahren, welcher die Langstrecke absolviert hat und 2 Minuten vor uns aus Startblock A gestartet ist. Auch Dominik fuhr wieder zu uns auf, welcher ebenfalls auf der Mittelstrecke gemeldet war.
So fuhren wir dann erst mal gemeinsam weiter. Später gestand Axel mir dann, dass er gerade ein leichtes Leistungsloch erlebt habe. Das passte genau zu meinen Erfahrungen an der Stelle, sodass ich ihn beruhigen konnte, dass das an dieser Stelle völlig normal ist. Er hat sich schnell wieder berappelt und Renntempo aufgenommen.
An der Mühlenkopfschanze kommt dann der zähe letzte Anstieg bis zur Streckenteilung. Dort habe ich immer leichte Motivationsschwierigkeiten, weil ich weiß, dass wir am Ende der zweiten Runde hier noch mal entlangkommen werden.
So fuhren wir dann bis auf halbe Höhe vom Ettelsberg, von dort runter bis zur Streckenteilung und schließlich den gesamten steilen Ettelsberg noch mal hinauf in die zweite Runde.
Bei mir lief es wieder besser, doch Axel fiel etwas zurück. Ich hielt an unserer Taktik fest und fuhr meinen Stiefel weiter, in der Erwartung, dass er in der folgenden Abfahrt wieder aufschließen würde.
Etwas später als gedacht kam er dann auch, sodass wir als Tandem weiterziehen konnten.
Es folgten einige sehr schlammige, verwurzelte Trail Passagen und dann die äußerst steile Schiebepassage, wo wir uns mühsam, das Bike schiebend und mit den Schuhen um Halt im glitschigen Untergrund suchend, mit schnaufender Atmung hinaufkämpften.
Oben schwang ich mich sofort wieder aufs Bike und konnte Axel noch direkt hinter mir erkennen.
An dieser Stelle waren die avisierten 2400 HM bereits absolviert und es waren noch ca. 10 – 12 Km bis ins Ziel zu fahren.
Wer die Strecke in Willingen kennt, weiß, dass es jetzt ziemlich eckig wird und man ständig irgendwo rechts und links auf steile Trails bergan und bergab abbiegen muss, sodass sich bis ins Ziel noch weitere ca. 400 Hm ansammeln.
Ich empfinde diesen Teil der Strecke als sehr anstrengend, das Ziel vor Augen, die Kraft so langsam am Ende und man kommt dem Zielbogen einfach nicht näher und letztlich muss man dann auch noch ein zweites Mal den Ettelsberg von der Mühlenkopfschanze kommend, halb hinauf.
Axel habe ich dort schon längere Zeit nicht mehr hinter mir gesehen. Tim war noch in Sichtweite. Trotzdem bin ich weiter mein Tempo gefahren und kurz vor der Abfahrt habe ich noch Sabine eingeholt, welche gerade die erste Runde beenden wollte. Sie hat mich auch erkannt und noch ermunternde Worte mit in die Abfahrt hinterhergerufen.
Diese konnte ich dann richtig genießen, obwohl sie nicht ohne technischen Anspruch ist.
Nach 88 Km und 2800 Hm bin ich dann mit 5:38:14 h ins Ziel gefahren.
Und tatsächlich folgte Axel nur 22 Sekunden später. Unser taktisches Ziel ist somit voll aufgegangen.
Mit Platz 99 und 100 im GC, sowie 40 und 41 in unserer Altersklasse können wir sehr zufrieden sein mit unserer gemeinsamen Leistung. Die Stecken in Willingen sind immer wieder konditionell, sowie technisch fordernd. Obwohl viel auf breiten Schotterwegen gefahren wird, sind doch verhältnismäßig viele Trailpassagen dabei. Ich starte gerne in Willingen und auch die witterungsbedingt ungünstigen Steckenverhältnisse beinhalten ihre ganz eigene Herausforderung.
Wenn wir die sieben Etappen der Transalp so leistungsharmonisch bewältigen, werden wir bestimmt eine großartige gemeinsame Woche erleben.