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Das Garmin Varia Radar Bundle verspricht mehr Sicherheit im Straßenverkehr. Ich leide ja -wie mehrfach erwähnt- an meiner Mountainbikevergangenheit. Mich macht also seit dem Erwerb meines ersten Rennrades immer noch völlig fassungslos, wie scheiße man als Radfahrer auf der Straße behandelt wird.

Ich war zwar auch früher schon mit dem MTB Berufspendler, das sah aber so aus das ich hinter der Wohnung in einem Dorf ins Gelände fuhr und kurz vor der Arbeitsstelle in einer Kleinstadt wieder aus dem Gelände kam. Die Berührungspunkte mit PKWs waren also kaum vorhanden.

Als Rennradfahrer leidet man primär unter 2 Versionen des rücksichtslosen Autofahrers.

Eine Typologie der Rücksichtslosigkeit

1. Der Typ Kernasi

Dem Typ Kernasi ist alles komplett egal. Der Typus denkt (falls überhaupt) primär „Ich hab keine Zeit“ „Boah,schon wieder so nen Scheißradfahrer“ „Wenn ich komme, müssen hier alle anderen weg“ etc.

Hier ist das einzige was den Radfahrer ein wenig schützt, die Erfindung der teueren Metallic und Effektlackierung. Gäbe es sie nicht würde man gefühlt 1x am Tag von so nem Vollhonk überfahren werden. Bleibt also diesbezüglich zu hoffen, das dieser Typus weiterhin an der Optik seines Autos hängt, Metalliclack teuer bleibt und niemals als schlagfeste Variante erfunden wird.

2. Der Sorglos Typ

Der Typus meint es oft gar nicht böse und ist verwurzelt in Gedanken wie: „Och das passt schon“ „Huch, nicht gesehen“ „Wird schon gut gehen“ etc.

Der Sorglos Typ hat auch null Ahnung vom Mindestabstand zum Radfahrer. Fragt mal im Bekanntenkreis nach dem Mindestabstand zum Radfahrer. Die meisten Ü40 Leute haben davon nie gehört. Bei mir waren die Einzigen (außer den aktiven Radfahrern) Menschen wie z.B. mein Patenkind nämlich Fahranfänger.

Als ich das erste Mal vom Garmin Varia Radar gelesen habe, war der erste Impuls: Jo, nice to have aber nix Sinnvolles für mich, bei nem Marktpreis von knapp 300€.

Mit der Zeit dachte ich mir aber: Hmm, wenn Du schon für irgendwelche Rapha Hosen ne Heidenkohle ausgibst, solltest Du nicht zumindest mal solche technischen Innovationen ausprobieren? Würde nicht die Chance das auch nur jeder 3. Sorglos Typ dich besser überholt, die Sicherheit und die Lebensqualität beim Rad fahren erhöhen?

Da Garmin ja löblicherweise Testgeräte zur Verfügung stellt, erschien mir das Risiko äußerst überschaubar.

Das Garmin Radar Testgerät

Getestet habe ich die Version Garmin Varia Bundle STVZO Radar.
Zum normalem Radar unterscheidet sich diese Version durch eine Steuereinheit mit Display (RDU), so das man das Radar auch ohne einen Garmin Edge nutzen kann.

Den Test zum RDU kann ich an dieser Stelle kurz machen: Er funktioniert zuverlässig, lässt sich nach dem klassischen Garminschema montieren.

Garmin Varia Radar mit Garmin Edge Serie

Mein Anwendungsfall war aber eher das Radar in Verbindung mit dem Edge 1000 zu nutzen.

Das Zubehör zum Varia Radar kann man getrost als umfassend beschreiben. Vorbauhalterungen, diverse Halterungen für normale & Aerosattelstützen alles via Gummizipper für alle Durchmesser. Sehr schön! Sollte sich z.B. GoPro mal ansehen, wo man für alles was extra braucht und man für jede alberne Halterung Unsummen bezahlt.

Beim verbinden mit dem Edge gab es kleine Startschwierigkeiten. Das Radar machte brav seinen Connect mit dem Edge, wurde auch als Sensor angezeigt, tat aber nix. Will heißen: Er zeigte mir nichts an und gab auch kein Warnblinken über das Rücklicht aus.
Updaten wollte es sich via Garmin Express auch nicht. Die Lösung war: Radar Akku leer laufen lassen,dann leer an den Mac hängen und mit offenen Express einschalten. Update wurde gemacht,der Sensor am Edge wieder hinzu gefügt und alles lief perfekt. Bis heute gab es keinerlei Probleme, Disconnects oder Sonstiges.

Garmin Radar Funktion

Auf dem Display wird ein Symbol angezeigt das ein Radar stilisiert quasi als „Status bereit“- Anzeige. Nähert sich ein oder mehrere Fahrzeuge, ploppt seitlich eine kleine Leiste auf die den Abstand der Fahrzeuge als Punkte anzeigt. Eine sehr übersichtliche und gut gelöste Displaydarstellung, wie ich finde. Gleichzeitig gibt das Rücklicht LED dazu ein Warnsignal nach hinten, je näher das Fahrzeug kommt desto intensiver. Nähert sich ein Fahrzeug extrem schnell, färbt sich zusätzlich das Display ein.

Garmin Varia Radar Ansicht auf dem Garmin Edge. (Quelle: Garmin Deutschland)
Garmin Varia Radar Ansicht auf dem Garmin Edge. (Quelle: Garmin Deutschland)

Laut Garmin reicht das Radar 140m. In der Praxis auf gerader Straße ist es aber durchaus mehr. Kommt jetzt ein PKW flott aus einer Serpentine, erkennt das Radar es natürlich erst ab Eintritt ins Sichtfeld.

Für eine bessere Einschätzung der Situation

Mit der Zeit lernt man auch gut Situationen einzuschätzen. Hat man Gegenverkehr und das Radar zeigt das das von hinten kommende Fahrzeug sich unverändert schnell nähert, weiß man: Oh Oh, das könnte Ärger geben.

Allgemein bin ich aber nach zig Stunden Test der festen Überzeugung das mit dem Garmin Varia Radar und seiner Warnblinkfunktion, erheblich rücksichtsvoller überholt wird. Zumindest beim Autofahrer Typ 2 Sorglos, bewirkt das Radar wahre Wunder. Das liegt nicht daran, das alle spontan ihren Hang zu gutem Sozialverhalten entdeckt haben, sondern das man man gut sichtbar ist und das Blinken im positiven Sinne irritiert. Auch alle Mitfahrer stellten dies fest.

Innenstadtverkehr und Grupettos eher ungeeignet

Auch hinten fahrende Radfahrer stören das Radar nicht. Das mag ggf der Fall sein, wenn man wie bei nem Mannschaftszeitfahren fährt, im normalem Betrieb mit 2-4 Leuten aber nicht. Die Warnfunktion wird offenbar durch den Geschwindigkeitsüberschuß getriggert, egal ob Motorradfahrer oder PKW.

Im Umkehrschluss bedeutet das: Im dichten Innenstadtverkehr macht das Radar weniger Sinn, da sich alle mehr oder weniger im gleichen Modus bewegen. Beschleunigt aber ein PKW stark im Sichtfeld, schlägt das Radar wieder aus.

Selbstkontrolle ohne Schulterblick

Für meinen Anwendungsfall nämlich Kontrolle nach hintern und bessere Sichtbarkeit auf Landstraßen, scheint mir das Radar aber ideal. Außerdem ersetzt es nebenbei ein StVZO zugelassenes Rücklicht.

Auch wenn man nicht mit Kopfhörern fährt, hört man Fahrzeuge von hinten ja oft sehr spät, weil ab einer gewissen Geschwindigkeit allein die Windgeräusche das Hören einschränken.

Akku Laufzeit im Rahmen

Die Akkulaufzeit wird von Garmin recht defensiv mit 4h angegeben, bei mir hielt der Akku aber länger. Grob über den Daumen gepeilt würde ich sagen: die Radareinheit frisst nochmal 5-10% der Edge 1000-Akkukapazität. Das kann ich aber nur anhand von Erfahrungswerten des gewöhnlichen Akkustandes auf der Hausrunde schätzen.

Auffahrunfälle häufigste Ursache für Radsportler

Garmin führt auf der Produktseite für das Garmin Varia Radar eine Studie des ADFC an, deren Argumentation unsere Testerfahrung widerspiegelt.

Laut einer Studie des ADFC (Allgemeine Deutsche Fahrradclub) ereigneten sich in Deutschland im Jahr 2014 knapp 79.000 Unfälle mit Beteiligung von Radfahrern, davon 405 mit Todesfolge. Die häufigste Ursache von Fahrradunfällen ist, dass Radsportler im Straßenverkehr übersehen werden. Das Varia TM Fahrrad-Radar warnt heranfahrende Fahrzeuge und informiert gleichzeitig den Radfahrer, um ihm so die nötige Reaktionszeit zu verschaffen und eine sichere Teilnahme am Straßenverkehr zu gewährleisten. Der Radsportler ist nicht mehr auf den Schulterblick oder ein gutes Gehör angewiesen. Ein Durchbruch für die Sicherheit auf dem Rad. – Garmin Deutschland

Fazit

Wie gesagt: Auf Autofahrertyp 2 Sorglos wirkt das Radar gefühlt sehr gut. Über die Wirkung auf Typ 1 Vollhonk kann ich nur spekulieren. In einer technisierten Zeit denkt der Honk ggf. das auch irgendeine Art von Aufzeichnung mit dem Geblinke verbunden ist und nichts fürchtet der Rücksichtlsose mehr als sich für sein Verhalten zu verantworten.

Ein netter älterer Herr (der korrekt überholt hatte) fragte mich zum Beispiel später an der Ampel ob „das Ding“ die Geschwindigkeit messen würde.

Alle Thesen und Gefühle bei Seite gelassen, bleibt faktisch ein Plus an Sicherheit durch bessere Sichtbarkeit und mehr Kontrolle nach hinten.

Beim aktuellem Marktpreis ist das Garmin Vario Radar Bundle eine vorzeigbare Investition. Andererseits sollte man im Hinterkopf behalten was man so alles kalt lächelnd für Klamotten oder Carbonteile zahl. Als Bundle muss es aber nicht sein, zumindest denke ich das der Großteil der Leser einen kompatiblen Edge besitzt und in dem Fall kann man auf die RDU Einheit getrost verzichten.

Ich habe an dieser Stelle bereits mehrfach über Garminprodukte geschimpft, bzw. beim Edge 810 meinen kompletten Hass in den Blog gekippt. Insbesondere die Software war damals hoch problematisch und auch beim Radar war der Start etwas holperig.

Tatsächlich ist aber das Radar das erste Testgerät das ich mir nach einem Test auch gekauft habe, dies geschah zu den Sonderpreisen für Testgeräte von Garmin.

Unabhängig davon hätte ich es mir aber auch zum normalem Preis gekauft, weil der Mehrwert für mich den Preis rechtfertigt.

Der Testzeitraum war etwas über einen Monat bei allen normalem Wetterbedingungen eines Sommers in NRW (also in erster Linie Regen) ;)

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[su_note note_color=“#e1e1e1″]Hinweis
Das Garmin Radar Bundle wurde mir für einen Testzeitraum kostenfrei zur Verfügung gestellt. Es gibt seitens der Agentur keinerlei Vorgaben und oder (in)direkte Einflussnahme auf den Artikel. Nach der Testphase habe ich den Artikel käuflich erworben. [/su_note]

5 Gedanken zu „Garmin Varia Radar Bundle im Test“

  1. Hi,

    das System hatte ich vor einiger Zeit auch mal gesehen und fand es echt Klasse! Die Idee dahinter, überhaupt das ganze Kozept mit der Geschwindigkeitsangepassten Leuchtstärke für vorne und dem Radar hinten etc. hat echt was. Leider ist diese Art Aufrüstung mittlerweile echt nötig im Straßenverkehr und sollte die Dashcam irgendwann mal vor Gericht verwertet werden dürfen, könnte es eventuell auch mal sicherer werden.
    Für mich als Wenigfahrer leider dann aber eine zu hohe Investition.

    Gruß
    Sascha

  2. So wie es es sich für mich herauskristallisiert erkennt dieses Gerät nur ein nahnendes Fahrzeug. Das ist mir als Radler aber bewusst wenn ich auf einer Straße fahre. Ich kann keinen Nutzen daran erkennen vor jedem Auto gewarnt zu werden von dem ich eh weiß das es mich überholt.
    Die wichtige Information wäre ja wenn mich ein Autofahrer übersieht und der Abstand viel zu gering ist, also Kollisionsgefahr besteht. Doch dazu ist das Gerät ja nicht in der Lage.
    Selbst wenn ein Gerät einen Kollisionskurs eines Pkws erkennen würde, wäre es mit hoher Wahrscheinlichkeit erst so kurz vorher möglich das sich der Radler kaum noch durch blitzartige Abbiegen in den Straßengraben retten könnte.

    Es wird also eine trügerische Sicherheit vermittelt sie es nicht gibt.
    Da lohnt es sich sicher eher ein starkes Blitzlicht hinten zu installieren.

    Ich habe zwei Freunde die von vorbeifahrenden Pkws im Gegenlicht der untergehenden Sonne übersehen worden sind und gestriffen wurden. Beide sind gestürzt und haben sich verletzt.
    Das geht alles so schnell, da kannst du nicht reagieren!

  3. Hast du hinten Augen? Ich sehe den Verkehr hinter mir in der Regel nicht, sondern wenn überhaupt höre ich Autos (unspezifisch, da man die Geräusche nicht in einzelne PKWs entschlüsseln kann). Insofern erkenne ich da einen großen Nutzen, auch wenn ich selbst den Radar nicht nutze.

  4. Pingback: Garmin Varia Radar Langzeiterfahrung - Coffee & Chainrings

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