Ich habe diesen Artikel vor zwei Wochen schon einmal geschrieben, dann aber wieder gelöscht. Aber das Thema beschäftigt mich extrem, deshalb habe ich mich entschlossen, ihn in veränderter Form noch einmal zu schreiben, denn: ich hasse verschenktes Potenzial!!

beatyesterday

Auslöser für meinen Hass auf verschenktes Potenzial, ist mein berufliches Umfeld, in dem momentan in großem Stil Potenzial verschenkt wird. Aber man soll ja immer bei sich selber anfangen, das tut man als selbstkritischer Mensch natürlich auch.

Verschenktes Potenzial im Training

Ich verschenke auch regelmäßig Potenzial, auch wenn es wenig ist. Nur dass es mich trotzdem ärgert. Gerade heute habe ich wieder welches fahrläßig verschenkt. Beim heutigen Training standen Bergintervalle an, zusammen mit Daniel. Bergintervalle liegen mir! Daniels Vorgabe war 8 Minuten Intervalle, ich sehe das nicht so eng und ziehe gerne länger als die geforderte Zeit durch. Heute sind wir die Intervalle auf den Rampen der Sophienhöhe gefahren und die letzte Rampe von vier ist etwas steiler. Diese habe ich dann auch im ersten Intervall mit fast 100% Leistung genommen. Man kann das Ende der Rampe sehr schön in der Entfernung sehen und was mache ich heute? Ich breche 100 Meter vor der Kuppe ab, anstatt mein Potenzial zu nutzen und bis zum Ende durch zu ziehen. In der Abfahrt habe ich mich dann darüber geärgert, aber glücklicher Weise standen noch zwei weitere Intervalle an. Ich habe mein Potenzial im zweiten Intervall genutzt und bis zum Ende durchgezogen!

Ähnliches ist bei meinen letzten Leistungstests passiert: als die nächste Watt-Stufe zum Schluß hin anstand, habe ich auf die Frage „weiter machen?“ verneint und aufgehört. Ich war zwar schon mit der Leistung am Anschlag, aber warum aufhören, wenn noch die Chance besteht, dass man ein paar Sekunden der nächsten Stufe mitnehmen kann??  Verschenktes Potenzial!

Verschenktes Potenzial in der Vergangenheit

Aus heutiger Sicht ärgere ich mich über das verschenkte Potenzial in meiner Vergangenheit. Wenn ich sehe, was ich heute zu leisten in der Lage bin, frage ich mich, was wäre gewesen, wenn ich dieses schon vorhandene Potenzial früher genutzt hätte. Hier stellt sich mir unweigerlich die Frage, ob meine Eltern hätten nicht mehr tun können oder sogar müssen, mich dazu zu bringen, das Potenzial zu nutzen.

Heute habe ich selber Kinder und versuche das in ihnen schlummernde Potenzial zu wecken, damit sie in ein paar Jahrzehnten nicht in der selben Situation sind, wie ich jetzt. Leider muss ich feststellen, dass das gar nicht so einfach ist. Der Teenager ist grundsätzlich erst mal gegen alles und die elektronischen Medien sind für sie sehr viel wichtiger, als sich von ihrem alten Herrn durch die Wälder führen zu lassen. Der andere Sprößling ist von Grund auf bewegungsfaul, es sei denn es geht zum Shoppen in die Stadt. Dabei tue ich mein Bestes und lebe ihnen vor, mit wie viel Hingabe man sein Potenzial nutzen kann. Es ist ein schwieriger Weg, deshalb kann ich meinen Eltern vermutlich keinen Vorwurf machen, mein schlummerndes Potenzial nicht geweckt zu haben. Aber ich habe das Potenzial da am Ball zu bleiben und irgendwann etwas von dem Potenzial meiner Kinder zu wecken.

Ich habe nichts zu verschenken!

Deshalb werden die Situationen in denen ich mich über mein verschenktes Potenzial ärgere weniger, weil ich es nutze! Damit das so bleibt bzw der Ärger noch weniger wird, gibt es in meinem Umfeld Motivation genug. An erster Stelle natürlich der von Daniel ins Leben gerufene Hashtag #wiesehrwillstdues! Diese Frage kann man sich nicht oft genug stellen, in allen Lebenssituationen! Auch der Garmin Hashtag #beatyesterday trägt dazu bei, deshalb kommt er im Titelbild vor. Und natürlich die persönliche Motivation, meist durch Daniel in unseren Trainingseinheiten oder in seitenlangen Messenger-Geschreibsel. Bestes Beispiel die heutige Situation: nach meinem ersten Intervallabbruch kam die Motivation von Daniel mit einem einfachen Satz: „Du hast ja noch zwei Versuche!“ Und ganz viel Motivation kommt natürlich aus der Twitter-Timeline!

Im letzten Jahr habe ich mit Sicherheit auch viel Potenzial bei meinen MTB-Rennen verschenkt, das allerdings ist für mich in Ordnung, da ich es nicht einzuschätzen wusste. Heute ist das anders, ich weiß wo meine Leistungsfähigkeit liegt und damit mein Potenzial. Und ich weiß es zu nutzen!

Um noch mal auf den Eingangs erwähnten Auslöser zurück zu kommen: man sollte meinen, dass es mir egal ist, dass in meinem beruflichen Umfeld Potenzial verschenkt wird. ABER ich befinde mich seit 28 Jahren in diesem beruflichen Umfeld, ich bin quasi beruflich da aufgewachsen. Deshalb ist es nicht nur einfach das berufliche Umfeld, sondern es zählt schon zu meinem persönlichen Umfeld und daran liegt mir etwas und deshalb ärgere ich mich wenn dort Potenzial verschenkt wird.

Also nutzt Euer Potenzial und motiviert Euer Umfeld sein Potenzial zu nutzen! Dann muss ich mich auch nicht ärgern!

 

5 Gedanken zu „Verschenktes Potenzial Befindlichkeitsprotokoll #2“

  1. Guten Morgen Ansgar,

    guter Artikel! Ich ärgere mich auch immer wieder über das von mir verschenkte Potential. Meist im Sport, manchmal mit dem Blog, weniger – aber auch – auf der Arbeit. Allerdings wiegt das verschenkte Potential beim Sport am wenigsten. Klar bin ich auch mit 51 Jahren noch ambitioniert, aber Hauptsache es macht Spaß. Wenn dann das Ausschöpfen des Potentials nichts mehr mit Spaß zu tun hat, schöpfe ich es in letzter Zeit auch nicht mehr aus, weil ‚who gives a shit‘.

    Bzgl. der Kinder kann ich auch ein Liedchen singen, auch wenn ich nur einen Teenager habe. Auch er verschenkt enorm Potential und konzentriert sich auf die – aus meiner Sicht – falschen Dinge, wie bspw. Youtube-Videos machen. Aber darin ist er dann gut und das macht mich wieder ein wenig stolz.

    Ihn zu ‚meinem Sport‘ zu bekehren habe ich längst aufgegeben. Vielleicht steigt er ernsthaft aufs Rad, wenn ich nicht mehr daran glaube, vielleicht erst mit 40, oder gar nicht.

    Wenn Du mal ne nette, leichte Lektüre brauchst, empfehle ich Dir ‚Sportlerkind‘:
    http://cycling.claude.de/2016/07/25/buchempfehlung-sportlerkind/

    Auch Tommy hat in den Augen seines Vaters sicher viel sportliches Potential verschenkt, anderes aber prima ausgeschöpft.

    Beste Grüße von dem, der seit zwei Wochen nicht mehr richtig auf dem Rad saß.
    Claude

  2. Kommt mir auch irgendwie bekannt vor. Bei mir bemerke ich das öfters bei Liga-Wettkämpfen, wenn ich weiß, dass ich sowieso vierte Frau und damit das Streichergebnis bin. Und das zeigt mal wieder, wie wichtig auch das Training für den Kopf ist!

  3. Pingback: Lieblingsblogs Folge 31 - Coffee & Chainrings

  4. Wie ist das mit den Liga Wettkämpfen zu verstehen? Ähnlich wie so MTB Rennserien? Also X-Rennen in einen Cup zusammen gelegt, wofür es dann eine Gesamtwertung gibt.

    Interessiert mich sehr. Danke.

  5. Pingback: Motivation auf Anschlag Befindlichkeitsprotokoll #3 - Coffee & Chainrings

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