Wenige Wochen ist es her, dass Axel und ich am Alfsee unsere Runden abspulten. Ich gebe zu, dass ich trotz der vorherigen Warnungen von erfahrenen Alfseebezwingern völlig unterschätzt habe, was so ein 24h Rennen im Allgemeinen und die äußerst fordernde Strecke des Alfsee im Speziellen mit einem macht – sowohl auf der physischen als auch der psychischen Ebene.
Obwohl die reinen Streckendaten für Außenstehende wahrscheinlich nicht allzu spektakulär wirken: 265 Kilometer in 24 Stunden mit dem Rad sind jetzt nicht viel, aber für mich eben auch nicht alltäglich. Die Regeneration dauert doch deutlich länger als ich erwartet – oder besser erhofft – habe.
Habe ich mich früher häufig wie Siegfried der Drachentöter nach seinem Bad im Drachenblut gefühlt, mit dem in mir getragenen Nimbus der Unbesiegbarkeit, so muss ich inzwischen zähneknirschend erkennen, dass ich nicht wie Obelix in den Zaubertrank gefallen bin, Superman kein Blutsverwandter ist und auch die Zahnfee Wünsche in der Realität nicht erfüllt. Das Lindenblatt auf der Schulter beim Bad im Blut des Drachen habe ich wohl auch noch übersehen.
Oder weniger heroisch untermalt: vermutlich spielt schlicht und einfach das inzwischen erreichte Lebensalter die entscheidende Rolle der verlangsamten Regeneration.
Ironie an: Ich bin in Topform angereist. Der Form meines Lebens. Außerordentlich fit. Ironie aus.
In der ersten Woche nach dem Alfsee war nur sehr lockeres Radfahren im Flachen möglich. Mehr als 1 Stunde am Mittwoch und 1 ½ Stunden am Samstag waren nicht drin. Zu sehr hat sich der Körper noch gegen Belastung gewehrt. Auch die Motivation aufs Rad zu steigen war kaum vorhanden. Spaß? Was ist das? Etwas Yoga, ein bisschen Krafttraining mit Gewichten und viel Ruhe neben der beruflichen und familiären Verpflichtung, mehr war nicht möglich.
10 Tage später hat das Radfahren dann wieder etwas mehr Freude gemacht und ich habe die Energierückgewinnung langsam gespürt. Bei den Mengen an vertilgten Kalorien auch dringend geboten.
Lieber nicht in Willingen starten
Die Vereinsmeisterschaft in Willingen im Rahmen des Bike Festivals 14 Tage nach den 24h habe ich leider nicht absolvieren können. Richtiges Training war bislang einfach nicht möglich und ich bin nach wie vor völlig außer Form. Immerhin konnte ich, wenn auch etwas neidisch, meinen Vereinskameraden die Daumen drücken und bin über Social Media mit Informationen von der Rennstrecke versorgt worden.
Die Entscheidung, auf einen Start zu verzichten und in den Kampf um den Klumpen nicht mit einzugreifen, habe ich mir reiflich überlegt. Die Vernunft hat ausnahmsweise in diesem Fall gesiegt. Wahrscheinlich wäre ich in der Lage gewesen, eine mittlere Performance abzurufen, aber keinesfalls wäre ich konkurrenzfähig gewesen. Auch der Kopf ist längst nicht so weit, sich einem Wettkampf zu stellen und den Körper zu pushen ,wenn es nötig wäre.
Zudem habe ich die Befürchtung, durch eine Teilnahme einen zu großen körperlichen Impact auf meine noch nicht abschließend beendete Regeneration zu haben, wodurch meine restliche Saison möglicherweise gefährdet gewesen wäre. Das wollte ich auf keinen Fall riskieren.
Der HERO ruft
Während meine Vereinsfreunde also um die Plätze fighteten, bin ich zu einer ersten etwas längeren Trainingseinheit aufgebrochen – und was soll ich sagen, es fühlt sich wieder ganz gut an und der Spaß am Biken sowie die Motivation kehren langsam zurück. Ich versuche nun so nach und nach wieder ins strukturierte Training einzusteigen, um einen behutsamen Formaufbau bis zum HERO Dolomiti am 14. Juni hinzubekommen. Ich weiß jetzt schon, dass ich dort maximal gefordert sein werde und bin gespannt auf mein absolutes Lieblingsrennen in fantastischer Landschaft.