Ließ ich in meinem letzten Beitrag die Gedanken zurück schweifen, geht es jetzt um die Gegenwart fast genau ein Jahr später! Dies wird ein durch und durch positiver Beitrag über die Neuauflage meines ersten MTB-Rennen am Rursee, auch wenn die Vorbereitung einen leicht negativen Touch hat!
Vorbereitungen
Das Rennwochenende beginnt schon Tage vorher, genauer gesagt am Donnerstag. Die Racing Diva knackt bei Belastung fies aus dem Tretlager. Ich steh auf auf ein nahezu geräuschlos fahrbares Fahrrad und da sowie so neue Bremsbeläge fällig waren, zerlegte ich auch gleich das Tretlager um es zu säubern und zu fetten. Wie so oft war ich wieder kurz vor knapp mit der Wartung dran und das rächte sich jetzt, denn das Lager war jetzt sauber und neu gefettet, knackte aber noch lauter als vorher. Da meine Zeit aber begrenzt war, musste ich es wohl oder übel erstmal so lassen.
Der Freitag war vollgestopft mit Aufgaben eines Kinder erziehenden Hausmanns, doch das knackende Tretlager bohrte sich durch mein Hinterstübchen, das konnte nicht so bleiben! Am Rennsamstag musste ich vormittags noch meinen Pflichten als serviceorientierte Termindispositions-Fachkraft im Autohaus nachkommen, auch während dieser Tätigkeit knackte das Tretlager aufdringlich durch meine Hirnwindungen, das konnte wirklich nicht so bleiben!!! Ich zermarterte mir den Kopf wo das Knacken seinen Ursprung haben könnte und kam zu dem Schluß, dass die Kunststoffspacer Verursacher sein müssen, denn die hatte ich nur ordentlich sauber gemacht aber nicht gefettet.
Also wurde folgender Plan umgesetzt: Zuhause angekommen erst mal rennfertig angezogen, Fahrradklamotten und Joggingbutze drüber, dann mit Konzentration viel zu viel Energielieferanten in Form von Riegeln und Smoothies eingepackt, vermutlich hätte ich locker mit dem ganzen Zeug eine Transalp bestreiten können. Dann das Equipment besonders sorgfälltig zusammen gesammelt, ich vergesse gern mal wichtige Sachen wie Pulsgurt oder Garmin einzupacken, also alles doppelt und dreifach kontrolliert! Prima alles da! Zum Schluß noch Fahrradklamotten zum wechseln und Zivilkleidung, Handtücher und Hygieneartikel und natürlich Ladekabel für allerlei elektronische Geräte in die Tasche! Und alles mit dem Gedanken an ein Fahrrad mit knackendem Tretlager nebenan in der Garage!
Jetzt war es so weit! Ich zerlegte den Nervtöter erneut und versorgte alle Flächen sorgfältig mit Fett und beim Zusammenbau gab ich den Lagerschalen noch ein paar extra Drehmomente! Eine kurze Probefahrt brachte die Erkenntnis, dass ich wohl mit dem Knacken leben musste, es war schon wesentlich leiser, auch leiser als vor der Reparaturaktion, aber eben noch da! Sei es drum, man muss erkennen, wenn es zu spät ist und vielleicht beim nächsten Mal etwas früher mit der Vorbereitung seines Renngerätes anfangen. Ich tröstete mich damit, dass der angesagte Regen und damit verbundene Matsch das Geräusch einfach wegdämpft! Gut, alles ins Auto verstaut, noch mal einen letzten Blick drüber geworfen, um festzustellen, dass der Helm noch im Regal liegt! Irgendwann sollte ich mir mal eine Packliste machen!
(Update ein paar Tage später: zu dem Knacken werde ich in der Nachbetrachtung am Ende noch mal eingehen müssen)
Zeit für Gedanken
Auf der Fahrt nach Einruhr blieb mir genug Zeit, alles noch einmal gedanklich durch zu gehen. Es regnete in Strömen, aber ich war Tiefenentspannt. Das hing damit zusammen, dass ich mich gut vorbereitet fühlte, erstens mental, zweitens körperlich und drittens auch technisch.
Technisch, da die Diva mit neuen Bremsbelägen und Reifen ausgestattet war, der Antrieb, bis auf das Knacken aus dem Tretlager, einwandfrei funktionierte und ich mir das Streckenprofil ausgedruckt hatte und auf dem Oberrohr platziert hatte. Darauf hatte ich mir die Kilometerangaben für Anfänge der Steigungen und zwei markante Punkte markiert. Das hilft mir bei der taktischen Planung, für mich ist es wichtig zu wissen, ob es ein längerer Anstieg ist, an dem ich mich direkt in meinen Wohlfühlrhythmus begebe, oder ob es ein kurzer Anstieg ist, bei dem ich Vollgas geben kann. Die markanten Punkte waren ein kurzer aber steiler Wiesenanstieg, bei dem man besser schon vorher in den leichtesten Gang wechselte und der berüchtigte Skihang von Rohren.
Körperlich, da ich das letzte Jahr durch eine leichte Trainingsplanung strukturiert habe, dazu zählt unter anderem ein regelmäßiges Bergtraining auf der Sophienhöhe, einem Abraumberg vom Braunkohletagebau.
Mental, in der Hauptsache durch unzählbare Messengersitzungen und Gespräche mit Daniel, bei denen wir gemeinsam an unserer mentalen Einstellung gearbeitet haben, die negativen Werte aus unseren Aussagen gestrichen haben und unter dem Motto #thinkpositive neue, positive Aussagen verinnerlicht haben. Nicht zu Letzt hat das Projekt #comebackstrongerthanever, das Daniel zurück auf die Erfolgsspur brachte, mir natürlich auch geholfen. Dazu kamen noch die gemeinsamen Trainingseinheiten auf dem Rad, die uns beide zu Höchstleitungen motivierten. Daraus zieht man ernorme Motivation für die Zukunft.
Ein weiterer mentaler Punkt, der mir früher Sorgen bereitete, war das Selbstvertrauen in meine technischen Fähigkeiten auf den Trails. Stürze auf vergangenen Vennbike-Touren hatten mir da einen psychischen Knacks versetzt. Auch hier spielt Daniel wieder eine Rolle, der für uns einen kleinen aber feinen Technik-Bereich in unserer Umgebung fand, auf dem man auf kurzen Passagen alles üben kann, von Stufen über Absätze bis hin zu Wurzelteppichen. Die letzten Selbstzweifel verflogen beim Schinderhannes-Marathon, bei dem ich die teilweise recht steilen Technikpassagen völlig entspannt meisterte.
Ankunft in Einruhr
Pünktlich als ich in Einruhr aus dem Auto stieg, hörte der Regen auf. Für mich war das Ankommen in Einruhr verbunden mit dem „nach Hause kommen“-Gefühl. Viele der Touren mit den Vennbikern führten in die Umgebung des Rursees und der letzte Einruhr-Marathon war ja meine Renn-Premiere und das erste live Zusammentreffen mit den Vennbikern! Also nur gute Erinnerungen! Ich bezog das gleiche Hotel wie im letzten Jahr und als ich mich auf den Weg zur Startnummernausgabe machte, traf ich auch schon Marcel. Gemeinsam holten wir unsere Startnummern ab und der Mario gesellte sich noch zu uns. Wir drei wollten die Vennbiker beim Eliminator-Sprint vertreten.
Der Eliminator-Sprint am Samstag
Eliminator kurz erklärt: das Rennen besteht aus so genannten Heats, in denen je nach Teilnehmerzahl 3 oder 4 Fahrer gegen einander auf einer kurzen Runde fahren, die Schnellsten zwei kommen in die nächste Runde, so lange bis nur noch 4 Fahrer übrig sind, die fahren dann den Sieg aus.
Hier ist die Runde ca. 800 Meter lang, die erste Hälfte geht von der Startrampe über Asphalt schön durch ein paar schnelle Kurven, dann auf eine Wiese in eine Spitzkehre, wieder ein Stück Asphalt unterbrochen durch einen Schlenker über die Wiese, wieder zurück auf den Asphalt über eine kleine, aufgebaute Rampe, Asphalt dann die trickreichste Stelle des Kurses, 2 Meter Wiese bergab und kurz danach direkt wieder berghoch aber in eine Linkskurve. Dieser Bereich wurde im Laufe des Trainings noch entschärft, so dass er flüssiger zu fahren war. Von da ging es wieder über die Startrampe in eine 180 Grad Kurve auf Asphalt, kurz um die Ecke auf die Wiese im Startzielbereich, auf ein 180 Grad Northshore-Element und dann geradewegs ins Ziel.
Durch den intensiven Regen waren die Wiesen Stücke schön aufgweicht und verwandelten sich relativ schnell in matschige Fahrrillen. Genau das richtige für mich, was rutschige Kurven betrifft bin ich ne Mimi! Ich tastete mich langsam an die Streckenführung ran, schnell war ich aber nicht wirklich. Der Wettbewerb startete mit einem Einzelzeitfahren, ich legte eine 1:44 hin das war Platz 14 von 18. In meinem Heat hatte ich dann direkt nach der Startrampe einen kurzen Schalthänger, der mich meinen zweiten Platz kostete. Meine Sprinterqualitäten reichten aber sowieso nur für die halbe Runde, danach musste ich abreissen lassen. Immerhin war auf dieser Runde 20 Sekunden schneller, es macht halt viel aus ob man alleine fährt oder um Plätze kämpft.
Damit war der Eliminator für mich beendet. Es war aber eine gute Vorbelastung für den morgigen Marathon. So konnte ich jetzt entspannt den schnellen Jungs zuschauen und das war echt beeindruckend! Der Rest des Abends war Entspannung, Siegerehrung gucken, duschen und noch ein Teller Nudeln mit dem Teamkollegen Marcel verputzt und dann noch Twitter gecheckt und Flaschen für morgen vorbereitet, was man halt so macht.
#raceday
Die Nacht war unruhig, ich kann es nicht leiden wenn die Decke zu kurz ist, leider ist das bei Körpergröße 1,96 oft der Fall! Auch die Zuhilfenahme der zweiten Decke löste das Problem nur kurzfristig. 7 Uhr wach, ein Blick aus dem Fenster, wolkenloser, blauer Himmel, der Start/Zielbereich in Sonnenlicht getaucht, Alter, was will man mehr! Frühstück gibt’s erst um 8, also in Ruhe alle Sachen gepackt, beim Früstück noch mit Mitfahrern geplaudert.
Als ich zu Auto kam, stand Marcel schon bereit und wir beide machten uns auf zum warmfahren. Gerade als wir los legen wollten traf ich Stefan, einen Facebook-Freund, der extra aus der Nähe von Hannover angereist war um das Rennen zu fahren. Toll ihn endlich persönlich kennen zu lernen. Gemeinsam machten wir uns ans Warmfahren.
Initialisierung der Leistungsbereitschaft
In meinem Körper spielt sich ein Phänomen ab, das ich mit einer Intitialisierung der Leistungsbereitschaft beschreiben möchte. In den vielen Bergtrainings ist es so, dass die erste Leistungsanforderung den Puls bis in den Spitzenbereich treibt, die Muskeln relativ schnell an der Grenze zum übersäuern sind und die Atmung am Anschlag ist. Ist die Phase einmal abgeschloßen, ist jede weitere Belastungsphase völlig normal, der Puls lässt sich schön bis in den Entwicklungsbereich steuern, die Muskeln funktionieren einwandfrei, das bleibt dann auch so für den Rest der Einheit.
Da ich beim Schinderhannes-Marathon die Phase am Anfang des Rennens hatte, wollte ich dieses Mal die Initialisierung in das Warmfahren verlegen. Also suchte ich mir einen Berg, den ich nach kurzem Pedalieren im GA Bereich zwei mal mit voller Leistung hoch sprintete, der Puls ging dabei wie gewohnt locker in den Spitzenbereich. Danach fühlte ich mich wohl! Mal sehn was es gebracht hatte.
Schlamm, Schlamm und noch mehr Schlamm
Der Start in Einruhr ist unspektakulär, wie bei vielen Rennen, hinter einem Quad geht es eine kurze Runde über Asphalt durch den Ort um dann in der Ebene über einen Schotterweg zum ersten Anstieg zu fahren. Wie immer gab es auch die Fahrer, die an mir vorbei sprinteten, ich ließ mich aber nicht aus der Ruhe bringen, achtete auf meinen Puls und fuhr erst mal mit dem Feld mit. Ich war mir sicher einige von den Schnellstartern im Anstieg wieder zu sehen.
Ich hatte mir ein klares Ziel gesetzt: die Position am Ende war mir egal, ich wollte nur meine Zeit aus dem Vorjahr verbessern. Eine Verbesserung der Position zum letzten Jahr war für mich unrealistisch, da das diesjährige Rennen zur offenen niederländischen Meisterschaft zählte und deshalb viele schnelle Holländer am Start waren.
Während wir zum ersten Anstieg rollten, stieg meine Zufriedenheit und meine Motivation, der Kopf war frei, der Puls im grünen Bereich und ich fühlte mich richtig gut. Mentale Power vom Feinsten! Ich hatte mir bei Strava die Segmente markiert um zu wissen wann ungefähr der jeweilige Anstieg began und wie lange er war. Nach kurzer Zeit bogen wir in den ersten ein und da wurde klar, was Mario mit seiner Vorwarnung auf schlammige, ausgefahrene Spuren meinte: die Wirtschaftswege waren mit einer schmierigen Schlammschicht bedeckt, der Regen hatte die ersten drei Zentimeter des Bodens komplett aufgeweicht. Es war kein Schlamm der Dir direkt überall hinspritzt, er blieb schön auf dem Boden, sorgte da dafür, dass gerade aus fahren fast nicht möglich war. Immer wieder rutsche das ganze Rad nach rechts oder links und das bei allen Fahrern. Einen Moment lang ärgerte ich mich über den feinstolligen Racing Ralph und wünschte mir meinen geliebten Nobby Nic auf das Hinterrad, denn das Hinterrad drehte unter Krafteinwirkung oft durch.
Die Verhältnisse machten den ersten Kilometer bergan wirklich schwierig, aber ich hatte das relativ schnell im Griff und wusste wieviel Kraft ich investieren konnte ohne dass sie im Schlamm verpuffte. Das sorgte natürlich dafür, dass ich gut im Tempo war und nach und nach an vielen Fahrern vorbei zog. Mein Puls und meine Muskeln fühlten sich auch sehr gut an, meine Taktik schien auf zu gehen. Das relativ einfache, flache Wiesestück nutzte ich zur Erholung, da ich wusste, dass der nächste Anstieg kurz aber knackig war und ich mit meinem 1×10 Antrieb da das erste Mal an meine Grenze kommen würde. Da der Anstieg aber auch komplett verschlammt war und vor mir schon ein paar Fahrer ihre Räder schoben, war es schwierig, an ihnen vorbei zu zirkeln, deshalb entschloß ich mich auch ein kurzes Stück zu schieben.
Danach folgte ein langer Anstieg nach Eicherscheid, auch hier war der Untergrund ehr schlammig und es hatte sich eine Fahrspur gebildet, auf der wir hintereinander den Berg hoch fuhren. Da mein Puls aber in den GA2 Bereich abrutschte, nutzte ich jede Gelegenheit um zu überholen, was bei den Streckenverhältnissen gar nicht so einfach war. Bei Eicherscheid angekommen, fühlte ich mich so gut, dass ich das Tempo auf dem flachen Asphalt Stück den Ortsrand entlang halten konnte, um dann in das kurze steile Wiesenstück ein zubiegen.
In der folgenden Abfahrt ins Grünental wurde ich leicht durch nicht ganz so schnelle Fahrer aufgehalten, hier wäre es für mich schneller gegangen, Resultat meines wiedergewonnenen Selbstvertrauens in meine Fahrtechnik, da der Untergrund und die Strecke aber zum Überholen zu gefährlich waren, bewarte ich Ruhe.
Das kurze flache Stück oberhalb der Rur nutzte ich um den Puls nach der Erholungsphase in der Abfahrt wieder auf Trab zu bringen und zog das Tempo etwas an. Das Feld hatte sich mittlerweile gelichtet, das machte den fordernden Anstieg nach Menzerath etwas angenehmer, da ich mich nur mit erfahrenen Bikern duellierte, man verstand sich ohne viel Worte, das war toll. Das spiegelt sich auch in der folgenden Abfahrt zurück zur Rur wieder, ich konnte wesentlich schneller laufen lassen.
Der Skihang – Schreckgespenst oder Herausforderung?
Ein Blick auf mein Streckenprofil verriet mir, dass noch ein kurzer Anstieg vor dem langen Anstieg zum Skihang lag, den nahm ich dann auch mit voller Leistung in Angriff. Die Taktik für die Auffahrt zum Skihang war ca. 70% des Anstiegs mit 90% Leistung zu fahren, dann die Leistung zu reduzieren, um den Puls wieder runter zu bringen und dann wieder mit voller Leistung den Skihang zu nehmen. Was soll ich sagen: ich konnte das Vorhaben perfekt umsetzen! Ohne überheblich sein zu wollen, der Skihang verliert in trainiertem Zustand seinen Schrecken. Letztes Jahr habe ich oben noch aus dem letzten Loch gepfiffen, dieses Jahr war es „nur“ ein anstrengender Anstieg.
Die Verpflegungsstelle oberhalb des Skihangs ließ ich aus, da erstens das abrupte Wegfallen der Leistung meinen Beinen nicht gut getan hätte und zweitens war mein Verpflegungsplan zeitlich angepasst. Zu diesem Zeitpunkt war die Hälfte der Distanz noch nicht erreicht, aber die längsten Steigungen waren gemeistert. Ich fühlte mich prima, ich konnte die Leistung abfordern, die brauchte, ohne mich dabei zu verausgaben, es lag noch mehr als die Hälfte vor mir. An die Strecke zwischen Rohren und Dedenborn habe ich keine Erinnerung mehr, ich weiß nur dass es gut lief.
Der Tanz auf dem Schotter
Kurz vor Dedenborn, an der Stelle wo ich später wieder von der halben Runde auf den Rückweg treffen würde, ging es kurz in den Wald über einen Trail und ein kurzes ausgewaschenes Bergabstück. Vor dem folgenden kilometerlangen Stück hatten Max und andere Freunde im Vorfeld schon gewarnt. Der Weg wurde mit groben Schotter aus großen, scharfkantigen Steinen aufgefüllt. Max hatte sich auf einer Fahrt darauf vor Tagen einen Platten eingefangen und wechselte darauf hin auf Reifen mit stärkerer Flanke, wie viele andere auch.
Als ich den Belag sah, musste ich erst mal schlucken und ging vorsichtshalber mit dem Tempo runter. Die nächsten 1,5 Kilometer bestanden tatsächlich aus Geröll! Und hatte ich bis dahin schon ein paar Fahrer mit platten Reifen gesehen, war hier die Dichte noch höher. Ich hatte wirklich Schiss um meine Reifen, ich sollte erwähnen, dass ich Tubeless fahre und das schon seit mehr als 10000km ohne Panne, aber das schien sich als Vorteil heraus zu stellen. Um das Hinterrad zu entlasten, ging ich auf den gröbsten Teilstücken in die Aktivstellung, also locker in den Pedalen stehend, gelernt in MacHartmanns MTB Schule. Und mit jedem Meter wurde das Gefühl sicherer, meine Diva schwebte wie eine Sänfte über die grobe Strecke. Ich fuhr aber nicht die volle mögliche Geschwindigkeit, ein bisschen Respekt hatte ich schon. Ziemlich am Anfang des Teilstücks hatte sich ein anderer Mitfahrer an mein Hinterrad gehängt, da es ihm wohl nicht schnell genug ging überholte er mich mit den Worten „furchtbarer Belag, oder?“ Ich bestätigte ihm das und kaum war 10 Meter vor mir gab es ein lautes Zischen und der Kollege musste mit einem Platten stehen bleiben. Pech gehabt!
Was Neues gab es auch!
Der Belag wechselte von groben Schotter auf glatten Asphalt, krasser können die Unterschiede nicht sein, es kam das schöne Bergabstück mit drei Kehren, das man so schön laufen lassen konnte. Der große Vorteil als Vennbiker ist, dass man mit Insider-Infos versorgt wird, in diesem Fall war die Info, die mir zugetragen wurde, dass gegen Ende der Strecke zwei Trails eingebaut wurden. Diese waren bis jetzt nicht aufgetaucht! Ich radelte also zügig die Asphaltstrecke im GA2 Bereich lang, als plötzlich nette Streckenpostinnen auftauchten, die zur Vorsicht mahnten, es würde jetzt gleich links in den Wald gehen! „Sehr geil!“ dachte ich mir und Momente später tauchte eine kleine Rampe auf die in den dunklen Wald führte! Alter, hatte ich einen Spaß, das tat ich auch kund in dem ich laut rufend „Geil, was Neues!“ im Wald verschwand. Was folgte war ein kurzer Wurzeltrail vom allerfeinsten, was die Jungs von MTB am Rursee da in den Wald gezaubert hatten, lässt jedes MTBiker Herz höher schlagen! Kurz aber knackig! Aber laut meinen Infos mussten es zwei sein!? Der zweite ließ aber nicht lang auf sich warten, ein kurzes Stück zurück auf den Asphalt und schwupps, wieder in den Wald rein. Diesmal wurde der Trail noch durch Felsen und loses Gestein ergänzt, Freunde, ich hatte richtig Spaß!
Der Einbruch
Jetzt ging es flach am See entlang bis zur zweiten Verpflegungsstelle. Auf dem Weg dort hin merkte ich den Einsatz eines Leistungstiefs, ich konnte nicht mehr die Kraft aufwenden die ich wollte. Ich war auf die Verpflegungsstelle fixiert, meines Wissens war die nach der Streckenteilung auf dem flachen Schotterstück. Nein, war sie nicht! Und anstatt jetzt zu meiner noch gut gefüllten Flasche zu greifen, ärgerte ich mich lieber und fuhr in den ersten Anstieg des Tages, denn die 67 Kilometer Runde führt nach 46 Kilometern in Teilen über die schon befahrene Strecke. Grundsätzlich hätte ich in dieser Steigung richtig Zeit gut machen können, denn im Gegensatz zu vorher war ich völlig alleine unterwegs, der Untergund war zwar immer noch kräftezeerend matschig, aber ich konnte mir die Linie aussuchen. Doch es nutzte nix, der Körper wollte nicht mehr!! Irgendwie war ich auf diese blöde Verpflegungsstelle fixiert, ich weiß nicht warum. Ich kroch also auf dem größten Ritzel den Berg hoch, normaler Weise wäre ich hier mindestens zwei Ritzel kleiner gefahren und das erste und einzige Mal kamen negative Gedanken auf.
Zu diesem Zeitpunkt kam mir Claudio Brandenburg (3. beim Eliminator-Sprint) entgegen, er fuhr entweder auch Halbmarathon oder Marathon, aber scheinbar hatte er aufgegeben. Später erfuhr ich von ihm, dass er starke Krämpfe hatte und deshalb ein DNF in Kauf nehmen musste. Seltsamer Weise gab mir die Begenung mit ihm den richtigen Impuls meine Sichtweise zu ändern. Ich besinnte mich wieder auf die Dinge, die ich mit Daniel erarbeitet hatte, #thinkpostive #dukannstdasschaffen #comebackstrongerthanever, und ich spürte das #lieblingsteil von Lamai.eu auf dem Kopf, eine Radkappe, die aus der #allebekloppt #twitterbiketreff #twitterlauftreff Community entstanden ist und der Gedanke an all diese gleichgesinnten Verrückten gaben mir wieder Auftrieb. Die Verpflegungsstelle war schon in Sicht. Dort angekommen, hielt ich nur kurz an um etwas zu trinken, die Verpfleger waren wirklich perfekt vorbereitet und so was von sympathisch. Sie schickten mich nach der kurzen Pause mit motivierenden Worten weiter.
Das Comeback
Es folgte eine kurze Trailabfahrt in das flache Wiesenstück, hier fuhr ich moderat um meinem Körper etwas aktive Regeneration zukommen zu lassen, bevor es ein zweites Mal in das verschlammte Steilstück ging. Vor mir fuhr ein holländischer Kollege, wir mussten beide im Steilstück absteigen, die Kräfte waren nicht ausreichend und der Schlamm einfach zu mächtig. Am Ende dieses Stichs standen Menschen von der Orga, die uns mit Lautsprecher-Motivation den Berg hochzogen! Danke dafür! Jetzt waren die größten Steigungen tasächlich geschafft. In dem leicht ansteigenden Stück im Tal der Ölmühle kam meine Energie wieder, plötzlich konnte ich wieder die Leistung bringen wie zuvor. Auf diesem Stück bekam ich auch den einzigen Regenschauer des Rennens ab, er war nur kurz, aber intensiv und verschaffte meinem Körper eine kühle Erfrischung. Auf der folgenden Abfahrt bekam ich die eben noch von oben kommende nasse Erfrischung dann von unten, denn der Regenschauer schien heftiger gewesen zu sein als empfunden. In den Fahrspuren des Weges hatten sich schöne Rinnsale gebildet, und das die ganze Abfahrt hinunter, aber da Mensch und Maschine eh dreckig waren, war das ein Heidenspaß!
Das folgende flache Stück an der Rur entlang zum letzten Anstieg des Tages nutzte ich erneut, um meinen Puls etwas zu senken. Ich fühlte mich gut und warf einen Blick auf meine Zeit und überlegte was wohl noch drin wäre. Zu schlagen waren 4 Stunden 8 Minuten vom letzten Jahr, das war auf jeden Fall machbar, aber ich wollte mir ein Ziel setzen. Also setzte ich 3 Stunden 45 Minuten als Ziel. Mal sehen was auf den letzten 10 Kilometern noch ging.
Am Anfang des Anstiegs fuhr ich abermals auf einen holländischen Fahrer auf, den ich durch meine wieder gewonnen Kräfte auch relativ bald überholte. Scheinbar zum Vorteil für ihn, denn er klemmte sich an mein Hinterrad. So pedalierten wir beide doch wieder kraftvoll den letzten, unspektakulären Anstieg hoch. Als ich an dessen Ende nach hinten schaute, hatte ich den Holländer abgehängt. Ich traf auf die Streckenzusammenführung mit 39 Kilometerrunde und kurz vor dem weiter oben genannten kurzen Trail mit der verblocketen Abfahrt, überholte mich ein Fahrer mit einem, naja sagen wir etwas erhöhtem Systemgewicht. Da ich aber wusste, dass der folgende Trail mit Abfahrt keine Möglichkeit zum Überholen bietet und ich nicht hinter dem Kollegen hängen bleiben wollte, legte ich einen kurzen Zwischensprint ein, um vor ihm auf den Trail zu kommen. Motivierend, dass zum Ende des Rennens noch ein Sprint drin war!
Die Endphase
Es folgte erneut das Stück mit dem mehr als groben Schotter, aber aus der Erfahrung der letzten Überfahrt, fuhr ich diesmal mit höherem Tempo drüber, auch wenn ich immer noch ein leicht mulmiges Gefühl hatte. Aber auch diesmal ließ meine Diva keine Zweifel über ihre technische Form aufkommen. Ich wusste, dass jetzt nur noch das Asphaltstück mit den zwei Sahnetrails und die Runde um den See kam. Ich war total glücklich! Ich ließ den Asphalt runter schön rollen und plötzlich war auch der holländische Kollege wieder an meinem Hinterrad, aber er blieb immer respektvoll hinter mir, so war jedenfalls mein Gefühl. Ein lustiger Moment, leider auf Kosten eines anderen Fahrers, kam noch bei der Einfahrt auf den ersten Trail. Die Rampe war jetzt nicht wirklich steil, aber man brauchte schon ein bisschen Schwung oder Kraft in den Beinen um dort hoch zu fahren. Dies schien dem Fahrer vor mir beides zu fehlen, so dass er zu langsam war, dazu noch das Gewicht zu weit hinten, was dazu führte dass er rückwärts über den Sattel absteigen musste. Zuträglich war vermutlich nicht, das der Holländer und ich mit gutem Tempo und der kurzen lauten Warnung „Achtung“ angeflogen kamen.
Die beiden Trails machten noch mal mehr Spaß als beim ersten Mal, obwohl sie schon stark ausgefahren waren und die Wurzeln und Felsen stärker hervor traten als in der ersten Durchfahrt, oder gerade deswegen war es wirklich Klasse! Da der Holländer immer noch an meinem Hinterrad klebte, machte ich auf dem letzten 2 Kilometern rund um den See noch mal Dampf und ich war erstaunt wie gut das ging, keine Ermüdungserscheinungen oder Schmerzen, es lief. Vor mir sah ich eine Gruppe von der 39 Kiometerrunde und es tat gut, mal der jenige zu sein, der mit 66 Kilometern in den Beinen im Renn-Tempo durch diese Gruppe fuhr, wie das sprichwörtlich heiße Messer durch die Butter. In diesem Fall dann ehr die heiße Diva! Kurz vor Schluß schaute ich mich nochmal um, Holländer weg! Trotzdem gab ich im Start/Zielbereich noch mal alles, zweimal die Startrampe hoch, Northshore-Element, Sprint ins Ziel und kleiner Bunnyhopp über die Zeitnahmelatte, FERTIG!!!!
Im Ziel
Garmin gestopt: 3:52, nicht ganz das was ich erreichen wollte, aber ich war richtig zufrieden. Ich ging direkt in die Abkühlphase und rollte ein bisschen durch den Ort, überall rollten dreckverschmierte MTBiker durch die Gegend oder waren mit Taschen bepackt auf dem Weg zur Dusche. Ich fuhr in den Eventbereich und traf Michi und Max von den Vennbikern, die beiden waren zusammen mit Mario und Marcel die Kurzstrecke gefahren und waren so schnell, dass sie in Ihrer Altersklasse auf den 2. und 3. Platz fuhren. Den Rennbericht der Vennbiker könnt ihr hier nachlesen. Ich war entspannt! Etwas geschafft aber nichts tat weh. Ich packte mein Rad ins Auto und machte mich auch auf den Weg unter die vediente Dusche. Danach wollte ich dann doch mal wissen, was meine offizielle Zeit war und warf einen Blick auf die Ergebnisliste. Was ich sah ließ mich grinsen: Zeit 3 stunden 49 Minuten, Platz 69 gesamt, Platz 20 in der Altersklasse. Verbesserung in allen Punkten, letztes Jahr war es Platz 179 gesamt und Platz 73 in der Altersklasse. Genial!
Das Fazit
Es war ein unglaubliches Wochenende! Endlich habe ich ein realistisches Ergebnis, das den Lohn für ein langes Trainingsjahr wiederspiegelt. Ich konnte meine eigenen Erwartungen mehr als erfüllen, von diesem Wochendende werde ich noch lange positive Energie generieren können!
Ich konnte alle trainierten Eigenschaften perfekt umsetzen: hohe Trittfrequenz, Leistung an der Belastungsschwelle halten, Sicherheit bei den Abfahrten und auf den Trails, Umsetzung der taktischen Planung.
Was bleibt ist Danke zu sagen: als erstes natürlich meiner Familie, die mir den nötigen Freiraum für meine Trainingseinheiten läßt, als zweites dem Team von MTB am Rursee, die Strecke war wieder perfekt vorbereitet, die beiden neuen Trails waren das Sahnehäubchen, die Streckenposten haben perfekte Arbeit geleistet. Ihr bringt mit Eurer professionellen und entspannten Einstellung die nötige Ruhe in die Veranstaltung, alles ist super organisiert! Danke auch an alle Teilnehmer für faires Verhalten auf der Strecke und die freundliche Atmosphäre auf dem Eventgelände. Und natürlich ein großes Dankeschön an Daniel, der mir immer mit Rat und Tat zur Seite stand und von dem ich viel gelernt habe.
Jetzt geht es erst einmal in die Sommerferien in die Alpen, natürlich mit Rad, aber ohne Trainingsplan, einfach mal nur Radfahren!
Bleibt mir nur noch eins zu berichten: das Eingangs erwähnte Knacken war das ganze Rennwochenende nicht vorhanden, ich schreibe das den nassen, matschigen Bedinungen zu. Auf der ersten Fahrt mit dem gereinigten MTB war es auch prompt wieder da! Da es aber jetzt auch beim Rollen auf dem Trail war, also ohne Belastung auf dem Tretlager, habe ich unterwegs noch mal alles gecheckt und was ich dann feststellen musste, ließ mir die Schamesröte ins Gesicht steigen: der Schnellspanner vom Hinterrad war nicht fest genug gespannt. Ein Anfängerfehler! An dieser Stelle muss ich mich bei Denis MacHartmann entschuldigen, in seinem Fahrtechnikkurs habe ich als erstes gelernt, dass man sein Sportgerät vor Abfahrt checkt, auch die Schnellspanner! Jetzt fährt die Diva wieder leise über die Trails!
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