Ende September. Gefühlt schleppe ich mich von einem Infekt zum nächsten.
Fast so, als hätte mein Körper das ganze Jahr nur darauf gewartet, endlich wieder krank werden zu dürfen. Dabei bin ich bislang richtig gut durchs Jahr gekommen. Meine Supplementstrategie, Eisbäder, der Trainingsplan, die Wettkämpfe, die Ernährung – alles deutete darauf hin, dass mein Immunsystem stabil ist und Infekte keine Chance haben. Doch jetzt kratzt ständig der Hals, die Nase läuft und läuft, und zu allem Überfluss waren auch noch zwei Covid-Tests positiv. Also habe ich mir eine Sportpause verordnet, mir Ruhe gegönnt – nicht nur dem Körper, auch die Psyche braucht Erholung.
Radfahren? Momentan keine Lust.
Die Bikes hängen in der Garage, perfekt durchgecheckt und einsatzbereit – aber eben ungenutzt. Freunde und Bekannte fragen besorgt nach: „Alles okay? Du fährst ja kaum noch Rad.“ Meine knappe Antwort: „Keine Lust.“ Für viele kaum vorstellbar: der T-Racer ohne Motivation fürs Rad. Ab und zu zwinge ich mich doch noch in die Klamotten und drehe eine Runde – einfach nach Gefühl, ohne Plan. Und merkwürdigerweise bin ich dabei schnell. Strava spuckt PRs aus, sogar ein KOM war drin, ohne dass ich es darauf angelegt hätte. Teilweise knacke ich Bestzeiten, die ich vor Jahren aufgestellt habe und seitdem nie wieder erreichen konnte. Klar, das macht Spaß. Aber die Motivation, überhaupt loszufahren, bleibt gering.
Meine Freude am Sport ist trotzdem ungebrochen.
Ich bewege mich gern, bin gerne draußen und fordere mich heraus. Mein Krafttraining läuft hervorragend: die Hanteln werden schwerer, die Wiederholungen mehr, die Muskeln sichtbarer – und ich fühle mich stark. Yoga genieße ich ebenfalls. Der Rücken zwickt kaum noch, ich werde flexibler und habe ein gutes Körpergefühl.
Und dann habe ich etwas „Neues-Altes“ wiederentdeckt: das Laufen.
Vor Jahren war es eher Mittel zum Zweck – mehr gehasst als geliebt. Sogar ein paar Wettkämpfe habe ich damals bestritten. Von Volksläufen bis zum Hermannslauf war alles dabei. Doch gelaufen bin ich seit mindestens sechs, eher acht Jahren nicht mehr. Entsprechend alt sind auch die Laufschuhe im Schrank. Drei Paare habe ich gefunden, sahen noch brauchbar aus – also habe ich sie genutzt.
Mein erster Lauf vor etwa vier Wochen: 1,2 Kilometer in rund 11 Minuten. Für viele lächerlich. Für mich: drei Tage höllischer Muskelkater. Jede Bewegung tat weh – sogar der Toilettengang wurde zur akrobatischen Herausforderung. Dieses Muster kenne ich schon: egal ob Kniebeugen oder Laufen, Oberschenkel und Hintern quittieren Belastung zuverlässig mit maximalem Muskelkater.
Eine Woche später: knapp 3 Kilometer in 6:15 min/km. Ergebnis: Knieschmerzen, Achillessehne zwickt, Muskelkater der ewigen Verdammnis. Warum ich drangeblieben bin, weiß ich nicht – aber ich bin es.
Inzwischen laufe ich zwei- bis dreimal die Woche 5–7 Kilometer in passabler Zeit und habe richtig Spaß dabei. Es gefällt mir, durch die Felder zu traben, die Bewegung zu genießen und einfach „on Fire“ zu sein. Nachrichten wie „Jetzt mache ich mir Sorgen“ oder „Er läuft und läuft und läuft“ landen inzwischen bei mir.
Der Muskelkater ist deutlich weniger geworden, die Achillessehne ruhig. Klar, ich bin vorsichtig: Sehnen, Bänder und der ganze Stützapparat müssen sich erst an die neue Belastung gewöhnen. Deshalb bleibe ich fürs Erste bei Umfang, Tempo und Häufigkeit. Die alten Schuhe sind mittlerweile entsorgt. Neue Laufschuhe – und plötzlich: keine Schmerzen mehr, schnelleres Tempo, deutlich besseres Gefühl. Eine Offenbarung. Und natürlich der Einstieg ins nächste Rabbit Hole: mindestens ein weiteres Paar muss her. Ein reaktiver Schuh für Tempoläufe als Ergänzung zum stabilen Daily Jogger für den alternden Wiedereinsteiger. Aber das hat noch Zeit.
Kein Sport ohne Ziele: meine erste Anmeldung ist raus
Halbmarathon Hannover 2026, Zielzeit unter 2 Stunden. Der Weg dahin führt über den Emmerthaler Silvesterlauf am 31.12.25 und den Paderborner Osterlauf im Frühjahr.
Die Schnupfennase hat jetzt also Gegenwind. Ich hoffe, verletzungsfrei weiterlaufen zu können. Wer braucht da noch Fahrräder?
Du wirst es meistern, weil dein Lebensmotto ist: „Ich gebe niemals auf“.