Als junger Mountainbiker verfolgte ich die Bike Transalp und drückte meinen Vorbildern die Daumen. Karl Platt und Markus Kaufmann waren meine Idole. Ich dachte immer, sowas werde ich wohl nie machen können und auch nicht schaffen. Heute habe ich die Bike Transalp 3x gefinished, habe die Helden der damaligen Zeit persönlich getroffen und eine unglaublich tolle Zeit mit meinem Team gehabt. Über die Alpen Rennen zu fahren ist einfach ein unvergleichliches Erlebnis.

Ähnlich ging es mir mit der SwissEpic. Jahrelang habe ich das Rennen in der Schweiz über YouTube live verfolgt. Auch hier kam mir nie der Gedanke und die Hoffnung, dort mal starten zu dürfen. Aber plötzlich waberte die Idee der Teilnahme in der C&C Blase herum. Mein Teamkollege Marc meinte: „Hey Schildi, lass uns doch die SwissEpic fahren…“. Gesagt, getan –und so standen an einem tollen Sommertag im schönen Davos. Nini, Nicole, Marc und ich umgeben von den prächtigen Alpen, am Startort der SwissEpic 2025. Ein weiterer Traum auf dem Mountainbike sollte in Erfüllung gehen.

Die Anmeldung/Registrierung, alles ist bis ins kleinste Detail gut organisiert. Jedes Team bekommt zu den obligatorischen Startunterlagen auch einen GPS-Tracker, damit wir auch ja nicht verloren gehen und im Notfall auch einen Notruf absenden können. Das war neu, macht aber absolut Sinn. Wir treffen viele Bekannte: Peter, Matthias, Klaus, Kim und viele andere weltweit angereiste Verrückte, freuen sich auf eine Woche Mountainbikerennen in den Alpen.

78km | 2500hm | Höchster Punkt: Albulapass – 2324 m

Gleich ein richtiges Brett zum Auftakt.

Schon früh wartet das erste Highlight auf uns: die Durchfahrt durch Monstein, das als höchstgelegenes Brauereidorf Europas gilt. Die Route schlängelt sich weiter in Richtung Zügenschlucht, ein spektakulärer und technisch anspruchsvoller Abschnitt, geprägt von schmalen Brücken, steilen Abhängen und wuchtigen Felsformationen. Im weiteren Verlauf passieren wir das eindrucksvolle Wiesnerviadukt, ein architektonisches Meisterwerk und Teil des UNESCO-Weltkulturerbes der Rhätischen Bahn. Danach beginnt der kräftezehrende Anstieg zum Albulapass – einer der ikonischsten Alpenübergänge der Region.
Es geht ausnahmsweise sehr lange eine endlos erscheinende Teerstraße hinauf. In der gnadenlosen Hitze haben alle Teams zu kämpfen. Wir arbeiten gut zusammen und können auch einige überholen. Bei mir kommen die ersten Krämpfe, Marc scheint das alles nichts auszumachen. Oben an der Verpflegung angekommen, muss ich erst mal vom Rad. Krämpfe in beiden Beinen. Ich bekomme von Marc Magnesium und weiter geht’s.

Unsere Mühe wird mit einer grandiosen Aussicht belohnt und schon geht es in die Abfahrt über den legendären Albulatrail, eine rasante, flowige Strecke, die sich durch wilde Almwiesen und dichte Wälder windet. Dieser Abschnitt war Fahrspaß pur, bevor die Etappe für uns im Engadiner Dorf La Punt im Ziel endet.

Fazit der ersten Etappe: Ich merke zum ersten Mal in den Alpen die Höhe, dauerhaft auf 1800 Metern über dem Meeresspiegel macht mir sehr zu schaffen. Hinzu kommt noch, dass ich gefühlt der einzige bin, der ein 32er Kettenblatt drauf hat. 30 bzw. 28 Zähne wären bei Rampen von 17-20% einfach die bessere Wahl gewesen.

Rundkurs 59km | 2000hm | Höchster Punkt: etwa 2545 m am Lej Alv

Nach einer guten und ruhigen Nacht in unserer Ferienwohnung ging es mit der zweiten Etappe in La Punt weiter. Die Etappe trägt den Titel „Where nature meets speed“, und das aus gutem Grund. Nach dem Start führt uns die Route hoch hinaus auf den Muntatsch–Marguns High Trail bei etwa 2500 m – grandiose 360°-Panoramen oberhalb der Baumgrenze, einfach überragend.

Es folgt der malerische, glazial-blaue Lej Alv. Nach diesem Hochgenuss treffen wir auf den berühmten Olympia Flow Trail von St. Moritz. Hier erwische ich mich zum ersten Mal bei dem Gedanken, wann dieser Trail endlich aufhören mag. Bei einer Länge von 4,2 km auch kein Wunder. Nach einer weiteren steilen Auffahrt folgt der verspielte Foppettas Flow Trail. Einfach Mega! Zurück im Flachen wird wieder geballert. Marc macht mächtig Druck, ich im Windschatten hinter her. Glücklich und ausgepowert erreichen wir das Ziel. Nicole und Nini empfangen uns jubelnd. Was würden wir nur ohne die Beiden machen?!

53 km 1200hm | Zeitfahren | Bernina Pass (2305 m)

Heute erwartet uns etwas ganz Besonderes: ein Zeitfahren vom Bernina Pass runter nach La Punt. Na ja, es ging nicht nur runter, 1200hm Anstieg standen immer noch auf dem Programm. Früh morgens werden wir schon mit einem Shuttlebus zum Bernina Pass gefahren. Marc und ich erwischen gerade noch so die letzten Plätze im Bus. Die Stimmung ist top, es wird gesungen und gelacht. Durch die Scheibe können wir auf der Strecke bereits die Elite Jungs auf den Trails beobachten. Oben der Gletscher und unten Mountainbiken vom aller Feinsten, was für ein Anblick!

Malerisch gelegen auf 2305 m Höhe beginnt für uns die Etappe auf einer der höchsten Passstraßen der Alpen, umrahmt von Gletschern und schroffen Gipfeln wie dem Piz Bernina, einfach beeindruckend. Die Route führt vorbei an dem türkisfarbenen Lago Bianco und schickt uns Fahrer auf eine lange, technische Abfahrt in Richtung Morteratsch. Es folgt eine technische Passage durch bewaldetes Terrain. Kurz vor dem Ziel führt der Weg am ruhigen Lej da Staz vorbei, bevor ein letzter Anstieg La Punt ankündigt. Übrigens, am höchsten Punkt jeder Etappe wurden wir immer von Alphornbläser begrüßt, für uns Fahrer ein schöner Motivationskick. Auch diese Etappe geht mit einer Flachpassage zu Ende, Powerhorse Marc übernimmt wieder die Führung und ich komme im Windschatten kaum hinterher. Für mich war es die schönste Etappe. Gefühlt sind wir die ganzen 53km nur Trails gefahren, es war so geil!

64 km | 2000hm | Höchster Punkt: Scaletta Pass auf 2606 m

Laut Grafik sieht die Etappe recht klar aus, 1x hoch und dann wieder runter. Mir geht es heute überhaupt nicht gut, keine Kraft in den Beinen, Luft bekomme ich auch nicht richtig und es geht von Minute zu Minute immer höher den Berg hoch. Die Luft ist dünn. Marc zieht mich nach oben bis zur zweiten Verpflegung, wir halten kurz. Es folgt der Bergauftrail und es heißt fahren, schieben, fahren.

Ein Gewitter war gemeldet und die ersten Regentropfen lassen nicht lange auf sich warten. Oben am Pass auf 2606hm graupelt es, zum Glück kein richtiger Schnee. Ich habe meine Regenjacke dabei, Marc leider nicht. Provisorisch steckt Marc sich eine Rettungsdecke (die gab es vorsorglich an der Verpflegung) vorne und hinten ins Trikot. Der Ausblick ins Tal ist grandios und bedrohlich zugleich. Blitze, Graupel, Regen und das alles von so weit oben zu sehen. Wir stürzen uns in die mega glatte Abfahrt nach Dürrboden. Eine technische und schnelle Abfahrt. Trittsicherheit, gute Technik und Mut sind gefragt, hinzu kommt, dass die Steine sauglatt sind. Wir frieren, die Zähne klappern und wir stöhnen vor Schmerzen und Kälte. Weiter unten beruhigt sich die Strecke, wir und die Bikes haben den wilden Ritt ohne Schaden überstanden, aber wir frieren.

Wir erreichen ein Flow-Singletrail-Gebiet durch Wald- und Wiesenabschnitte, Wildpferde flankieren die Strecke, einfach nur irre. Mit viel Fahrgefühl geben wir bis Davos alles. Komplett durchnässt und durchgefroren erreichen wir das Ziel – was für ein Tag! Später erfahren wir, dass an der zweiten Verpflegung das Rennen abgebrochen wurde. Schade für uns, da wir eine echt gute Performance im Downhill hingelegt haben.

Davos Rundkurs | 49km | 2000hm | Höchster Punkt: Panoramaweg auf 2321 m

Letzte Etappe! Heute wird noch mal richtig geklettert. Vom Start weg geht es direkt bergauf zum Panorama Trail, ein hochalpiner Höhenweg mit spektakulären Ausblicken über das Landwasser-Tal. Absolut beeindruckend, ich bekomme Gänsehaut. Nach dem Panorama-Trail folgt der Gotschnaboden-Trail, eine technische Abfahrt, auf dem der Weg wurzelig und anspruchsvoll ist, reine Trailtechnik ist gefragt; hinzu kommt noch, dass der Untergrund durch das Gewitter sehr schlammig geworden ist. Durch Wolfgangs Lärchenwald schlängeln sich ruhige und flowige Singletrails durch die Waldlandschaft. Nach weiteren Klettereinheiten folgt der Drusatscha-Trail. Verspielt und mit flüssigem Flow – perfekt zum Genießen, aber auch technisch reizvoll.

Dann erreichen wir den höchsten Punkt. Vorbei an den Alpbläsern, direkt in die finale Abfahrt, den Flüela-Trail. Zum krönenden Abschluss führt dieser Trail in einer schnellen Abfahrt zurück nach Davos. Es ist geschafft, ein würdiger Ausklang eines hochalpinen Trailspektakels.

Gemeinsam, Hand in Hand fahren Marc und ich über die Ziellinie. Nini und Nicole warten auf uns, es ist vollbracht! Eine unglaublich schöne Woche auf dem Mountainbike geht zu Ende.

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