An einem Sonntag im September 2023 versuchen wir (meine Frau, Tochter und ich) vergebens aus der Hamburger Innenstadt in Richtung Hafen zu kommen und landen alle 500 Meter vor einer Straßensperre. Der Grund ist schnell ausgemacht: es finden mal wieder die Cyclassics statt. Auf die Frage, warum ich als Radsportbegeisteter und gebürtiger Hamburg dort noch nie teilgenommen habe, folgt bereits im Januar meine Anmeldung als Early-Bird für die diesjährige Ausgabe.
Ohne gezieltes Training und mit den wenigsten Jahreskilomtern seit 3 Jahren in den Beinen geht es für mich am Samstag (08.09.2024) vormittags gen Hansestadt. 100 Kilometer gehen ja eigentlich immer.
Nach der Ankunft fahre ich mit dem Rad in die Stadt, hole die Startunterlagen ab, trinke einen Kaffee bei Shimano und drehe eine Runde auf der Expo vor dem Rathaus. Schon imposant, wie groß und voll hier alles ist. Die Organisation ist top.
Nach der obligatorischen Portion Nudeln (welche ja ernährungswissenschaftlich mittlerweile überholt ist) spaziere ich noch ein wenig an der Alster entlang und genieße den Blick auf die Stadt in der Abenddämmerung. Im Nachquartier angekommen beklebe ich Rad und Helm sowie das Trikot mit der Startnummer. Gegen 22:30 Uhr geht dann das Licht aus.
Der Wecker klingelt um 06:30 Uhr – es ist Race-Day.
Auch wenn es „nur“ ein Jedermann-Rennen ist und ich mir „nur“ das Finish als Ziel gesetzt habe, so laufen die Vorbereitungen am Morgen routiniert und das Equipment ist vorbereitet. Noch in der Vorwoche gönne ich dem Rad ein neues Lenkerband, damit auch alles chic und der Monk in mir zufrieden ist. Nach Franzbrötchen und Kaffee geht es in die Radklamotten, und Brustgurt, Radcomputer, Trinkflaschen, Werkzeug und Gels sind da wo sie hingehören und einsatzbereit. Sonnencreme nicht vergessen, denn nach den knapp 30 Grad vom Vortag sind auch für heute 27 Grad und Sonne satt vorhergesagt.
Kurz vor 09:00 Uhr mache ich mich auf den Weg in Richtung Startaufstellung vor dem geschichtsträchtigen Hotel Atlantic. Schöne Grüße Udo!
Spätestens jetzt kommt echtes Radsport-Feeling auf, denn aus allen Seitenstraßen strömen Mitstreiter zur Startlinie. Die Teambusse der Profis runden das Bild ab und verraten, dass der Stadt heute ein Großereignis bevorsteht.
Mein Start ist um 09:40 Uhr aus dem letzte Block 0. Da ich hier zum ersten Mal an den Start gehe und durch meine konservative Einschätzung (25 – 28km/h Schnitt) lande ich vermutlich ganz hinten.
3…2…1…Abfahrt!
Recht zügig geht es mit der Meute Stadt-auswärts. Autobahnzubringer, Schenefeld, Quickborn, Schleswig-Holstein. Was für ein Gefühl, die Straßen der Großstadt für sich alleine zu haben. Bei Kilometer 40 lege ich mit hunderten Teilnehmern eine unfreiwillige Zwangspause von 1,5 Stunden aufgrund mehrerer Stürze am nördlichsten Punkt der Route im Kreis Pinneberg ein, Hubschraubereinsatz inklusive – gute Besserung an alle Beteiligten. Die Anwohner des angrenzenden Hofes bieten uns an, die Trinkflaschen aufzufüllen und den Müll der Trikottaschen abzuladen. Danke!
Mit Polizeieskorte und einem mulmigen Gefühl rollen wir schließlich 10 Kilometer weiter, bis das Rennen wieder freigegeben, allerdings neutralisiert und letztendlich ohne Zeitnahme beendet wird.
Trotz kalter Muskeln drücken viele sofort wieder richtig aufs Pedal und es bilden sich einzelne Gruppen, welche ich nutzen kann, um durchs Feld zu schwimmen. Vor uns liegt jetzt der Kösterberg, welcher bei Kilometer 80 die einzige ernstzunehmende Herausforderung ist. Ich muss dem Anfangstempo ein wenig Tribut zollen und einen Gang rausnehmen, um nicht komplett zu explodieren. Die Herzfrequenz zeigt auf der Kuppe 182 Schläge an.
Vorbei am Hafen und über die Prachtstraße Elbchaussee geht es in Richtung Ziel auf der Mönckebergstraße, wo ich jetzt doch ein paar Begleiter ziehen lassen muss. Die Zielverpflegung ist ausreichend und ich habe noch Zeit, die erste Durchfahrt der Profis live zu verfolgen.
Cyclassics, ich komme wieder.